■ Standbild: Mach's noch mal, Rüdiger!
„Die Wüste des Todes“, So., 19.30 Uhr, ZDF
Am Anfang ein bunter Bilderbogen. Rüdiger Nehberg wird vorgestellt, seit siebenundzwanzig Jahren Abenteurer aus Passion und mittlerweile, so der ZDF-Pressetext in blumiger bis blümeranter Diktion, „Deutschlands berühmtester Globetrotter“, „alternder Asket“, „Sir Vival“ oder auch „betagter Survivalspezialist“.
Der Wirtssender feierte den hausgemachten Star – beide unterhalten seit Jahren eine symbiotische Beziehung. Ein ZDF- Kameramann und früherer US- Armeesoldat war es, der Nehberg seinerzeit mit Überlebenstechniken vertraut machte, und seither sind Mainzer Kameraleute immer gern dabei, wenn Nehberg seinen jeweils neuesten Unfug durchzieht, den er gemeinhin unter dem Vorwand, auf die Nöte bedrohter Völker aufmerksam machen zu wollen, in die Medien stemmt.
Dieses Mal trabte er durch die australische Wüste, im Wettstreit mit einem US-amerikanischen Marathonläufer und einem Aborigine. Das alles irgendwie und sehr vage zugunsten der australischen Ureinwohner – welche Gratifikation diese von Nehbergs Gewaltmarsch davontragen sollten, blieb unerfindlich. In erster Linie setzte sich der graubärtige Fant selbst in Szene und lieferte Nervenkitzeleien für Stubenhocker. Fotogen verschlang er Termiten, Fliegen und Entengrütze, suhlte sich in Jauchegruben und legte sich ohne Not mit Krokodilen an, wartete aber dankenswerterweise mit seinen aufregenden Aktionen, bis die Kamera in Stellung war. Die fixen Operateure lieferten treffsicher Schuß, Gegenschuß und, wenn nötig, auch eine Luftaufnahme, egal, ob Nehberg seinen wundgelaufenen Füßen eine Eigenurinbehandlung angedeihen ließ oder vor einer offensichtlich harmlosen Rinderherde auf einen Baum sprang – und dabei eine ungeheuer lächerliche Figur abgab.
So wie der publicitysüchtige Wald- und Wüstenschrat eine einigermaßen dubiose Existenz darstellt, war auch diese unter ZDF-Beteiligung entstandene internationale Koproduktion eine eher zwielichtige Angelegenheit. Offenbar teilt die zuständige Redaktion Nehbergs latente Neigung zur Koprophagie – und ließ die Ansprüche öffentlich-rechtlichen Fernsehens vorerst in der Wüste zurück. Harald Keller
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