: Gefürchtet: Der digitale Doppelgänger
■ Internet und Telebanking bereiten Hamburgs oberstem Datenschützer Sorgen. Verstöße bei der Rasterfahndung
„Der beste Datenschutz“, sagt Hans-Hermann Schrader, „ist, keine persönlichen Angaben zu machen.“ Realistisch, so räumte Hamburgs Datenschutzbeauftragter gestern bei der Vorstellung seines Tätigkeitsberichts 1996 ein, sei solches Verhalten in der Informationsgesellschaft natürlich nicht. Deshalb, das folgert nicht nur er, ist Datenschutz wichtiger denn je.
Auch Hamburgs BürgerInnen sehen das so. Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid ergab, daß die Angst vor Datenmißbrauch vor allem beim Handel mit Adressen größer sei als die Furcht vor Überfällen und sonstiger Gewaltkriminalität. Entsprechend ist im vorigen Jahr die Zahl der Anfragen und Beschwerden, die in Schraders Dienststelle eingingen, um 20 Prozent gegenüber 1995 gestiegen.
Schwerpunkt waren erneut Mängel im Datennetz der Hamburger Verwaltung, vor allem in den Bereichen Gesundheit und Soziales sowie Inneres und Justiz. So seien beim Mikrozensus des Statistischen Landesamtes, bei der Erhebung von Daten ausländischer Mitbürger oder bei der Übermittlung von Melderegistern an die Gebühreneinzugszentrale zum Teil „schwere administrative und technische Mängel aufgedeckt“ worden. Allerdings hätten die Verantwortlichen nach Hinweisen seines Amtes schnell gehandelt, so Schrader nicht unzufrieden: „Die Löcher sind jetzt gestopft“.
Besondere Sorgen bereitet Hamburgs oberstem Datenschützer die Suche nach dem „digitalen Doppelgänger“. Durch Internet, digitale Fernmeldetechnik, Telebanking und andere Formen der Datenerfassung und -übertragung sei die Gefahr erheblich gewachsen, daß Persönlichkeits- und Mobilitätsprofile von BürgerInnen in Datenpools angelegt würden, deren Kontrolle nur schwer möglich sei.
Und auch die sogenannte Rasterfahndung, die das Hamburger Landeskriminalamt als einzige deutsche Polizeibehörde im vergangenen Jahr vornahm, verlief nicht zu Schraders Zufriedenheit. Bei zwei der drei Fahndungen nach Straftätern seien „erhebliche Datenschutzprobleme“ aufgetreten. Die Polizei hatte „viel mehr Daten“ und „wesentlich mehr Personen“ abgeglichen, als richterlich erlaubt war.
Nach Protest der Datenschützer sei eine interne Dienstanweisung ergangen, die derartige Verstöße künftig verhindern soll. Ob das funktioniere, werde sein Amt mit Argusaugen überprüfen, versprach Schrader. Allerdings habe er auch aus einem anderen Grund eine „erhebliche Skepsis“ gegenüber der Rasterfahndung: In keinem Fall hat sie zur Ergreifung der Gesuchten geführt. Sven-Michael Veit
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