Die CSU macht den Tschechen weiter angst

■ Bei der heutigen Abstimmung im Bundestag setzen sich Teile der CSU und CDU von deutsch-tschechischer Erklärung ab. Kanzler Kohl ist auf Opposition angewiesen

Berlin/Bonn (taz) – Über der deutsch- tschechischen Versöhnungserklärung liegt der Schatten der CSU. Wenn das Papier heute im Bundestag verabschiedet wird, dürfte sich das Augenmerk weitaus stärker auf eine persönliche Erklärung mehrerer Unionsabgeordneter richten. In einem gestern vorgestellten Papier, das von CSU- Chef Theo Waigel, CSU-Landesgruppenchef Michael Glos und dem Ehrenvorsitzenden der Unionsfraktion, Alfred Dregger, mitgetragen wird, stellen die Autoren Teile der Versöhnungserklärung in Frage.

Inbesondere wird darin die öffentlich geäußerte Kritik an der Vermögensfrage ehemaliger Sudetendeutscher schriftlich fixiert. Das Papier sei „eine politische Absichtserklärung“, die die „Gültigkeit von Verträgen und Rechtsansprüchen nicht berührt und zu den offenen Fragen des deutsch-tschechischen Verhältnisses keine abschließende Regelung enthält“. Für die Unionsminderheit „eröffnet“ die Versöhnungserklärung und der dazugehörige Briefwechsel beider Regierungen den früheren Sudetendeutschen das Recht zu einem Daueraufenthalt in Tschechien, „wodurch auch Eigentumserwerb möglich wird“. Pikant ist die persönliche Stellungnahme im Zusammenhang mit der Bemerkung von Bundeskanzler Helmut Kohl. Nach der Unterzeichnung in Prag hatte er erklärt, die Eigentumsfrage „bleibt natürlich offen“.

Die SPD will heute bei der Abstimmung den heiklen Punkt durch eine eigene Beschlußvorlage entschärfen, in dem der Bundestag sich zu dem Ziel bekennt, „die Beziehungen nicht mit aus der Vergangenheit herrührenden rechtlichen und politischen Fragen zu belasten“. Außerdem wollen die Sozialdemokraten, daß sich der Bundestag die Versöhnungserklärung „zu eigen macht“ und nicht, wie in der Regierungsvorlage, ihr lediglich zustimmt. Dieser Version wurden gestern wenig Chancen eingeräumt. Die SPD will daher in jedem Fall die Regierungsvorlage zur Versöhnungserklärung mittragen. Das hat die Regierung bitter nötig, denn durch das Ausscheren eines großen Teils der CSU- und einiger CDU-Abgeordneter ist sie auf die Stimmen der Opposition angewiesen. Severin Weiland