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Die Debatte wird zum Monolog

Burundis Präsident Buyoya ruft zur „Nationalen Debatte“, und niemand kommt. Während die Militärregierung im Lande zunehmend isoliert ist, eskaliert der Bürgerkrieg  ■ Von Dominic Johnson

Berlin (taz) – Man dürfte es kaum für möglich halten, daß in dem afrikanischen Bürgerkriegsland Burundi die Chancen auf Frieden noch weiter sinken könnten. Seit die von der Tutsi-Minderheit dominierte Armee 1993 die erste demokratisch gewählte Regierung des Landes stürzte, sind schon über 150.000 Menschen bei Kämpfen zwischen der Armee und Rebellengruppen der Hutu-Mehrheit gestorben. Aber der Tiefpunkt ist möglicherweise noch nicht erreicht. Heute endet in der Hauptstadt Bujumbura die erste Runde einer „Nationalen Debatte“, die als Schritt zum Dialog gedacht war, aber eher zu einem Schritt auf dem Weg zum offenen Krieg zu werden droht.

Eigentlich wollte Pierre Buyoya, der im vergangenen Juli per Putsch an die Macht gekommene Tutsi-Militärherrscher von Burundi, eine Verständigung mit Hutu-Politikern in Gang setzen. Aber die Hutu-dominierte Partei „Frodebu“, die bis zu Buyoyas Militärputsch den Präsidenten Burundis stellte und jetzt gegen die Regierung kämpft, sagte, vor einer „Nationalen Debatte“ müsse es direkte Verhandlungen zwischen der Regierung und der Hutu-Guerillaorganisation CNDD geben. Die CNDD selber sprach von einem „Versuch, den Putsch und seine Folgen absegnen zu lassen“. Selbst die Tutsi-dominierte Partei „Uprona“, die Buyoya nahesteht, lehnte die „Nationale Debatte“ ab.

So sprach Buyoya vor allem zu seinen eigenen Vertrauten, als er die „Nationale Debatte“ am Dienstag trotzdem in einem Hotel in Bujumbura eröffnete und seinen 60 Zuhörern sagte: „Unser Ziel ist, die Burunder zu versammeln, damit sie zusammen festlegen, was der Friedensprozeß sein soll.“ In Richtung Opposition sagte er: „Die Verweigerung des Dialogs ist auch eine Botschaft.“

Daß dabei nichts herauskommt, ist klar, zumal sich der Bürgerkrieg zwischen der Tutsi-dominierten Armee und den Hutu-dominierten CNDD-Rebellen ständig intensiviert. Nach einem Bericht der UNO-Menschenrechtsbeobachter in Burundi sind dabei seit Anfang Dezember über 1.000 Menschen getötet worden. „Von den fünfzig berichteten Zwischenfällen waren über 28 das geplante Werk der burundischen Armee“, schreiben die UNO-Beobachter. „Diese Zwischenfälle forderten mehrere hundert Tote, die Mehrheit davon Frauen und Kinder.“ Die Armee habe über 200.000 Zivilisten aus ihren Höfen vertrieben und in Wehrdörfern gesammelt. Die CNDD- Rebellen legen laut UNO zunehmend Antipanzerminen, denen mehr Zivilisten als Soldaten zum Opfer fielen. Die Schwierigkeiten, sich im Land zu bewegen, führen nach Angaben von Hilfsorganisationen zu Versorgungsengpässen.

So hat Staatschef Buyoya recht, als er in Bujumbura sagte: „Wenn die Krise ein solches Ausmaß angenommen hat, liegt das daran, daß man die Dialogchancen zugunsten sinnloser Querelen vernachlässigt hat.“ Strittig ist bloß, welche Querelen sinnlos sind. Buyoya will unter die demokratischen Wahlen von 1993, bei denen die Hutu-dominierte „Frodebu“ gewann, und seinen eigenen Putsch einen Schlußstrich ziehen und ganz von vorn, sprich von der Tatsache seiner Herrschaft, anfangen. Für die Hutu-Opposition ist dies inakzeptabel. Ganz radikale Tutsi sehen ihrerseits nicht ein, wieso sie überhaupt mit den Hutu reden sollen, anstatt das Land wie vor 1993 alleine zu regieren.

Buyoyas Strategie besteht darin, sowohl seine Hutu-Gegner wie auch die radikalen Tutsi gleichermaßen als Extremisten darzustellen und sich selbst als gemäßigte Kraft. Während die Armee auf dem Land Hutu jagt, stellte sie Anfang letzter Woche in der Hauptstadt den radikalen Tutsi- Führer Jean-Baptiste Bagaza, selber Präsident Burundis zwischen 1976 und 1987, unter Hausarrest. Bagaza wird „Besitz subversiver Dokumente, die die Bevölkerung zur Unordnung aufrufen“ vorgeworfen. Auch die Tutsi-Milizenführer Deo Niyonzima und Isidore Rusyikiri wurden verhaftet.

Daß Buyoya innenpolitisch Feinde sammelt, erklärt möglicherweise, warum er nach CNDD- Angaben mit Zaires Präsident Mobutu Kontakt aufgenommen hat. Burundi soll Zaires Armee beim Kampf gegen die zairische Rebellenfront ADFL helfen. Um das zu verhindern, distanziert sich die ADFL von der burundischen CNDD-Guerilla, mit der sie früher verbündet war. „Die CNDD steht nicht auf unserer Seite“, sagte ADFL-Auslandssprecher Kazadi Nyembe der taz. „Sie hat uns viel heftigeren Widerstand geleistet als die zairische Armee.“

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