: Nervenschäden durch Flohhalsbänder
■ US-Forscher machen Chemikalien-Mix für Golfkriegssyndrom verantwortlich
Es gäbe keine Anhaltspunkte für chemische Substanzen als Auslöser des Golfkriegssyndroms, stellte im Januar ein vom US-Präsidenten eingesetzter Ausschuß in seinem Bericht fest. Zum gegenteiligen Ergebnis kamen drei wissenschaftliche Studien, die pikanterweise fast gleichzeitig das Journal of the American Medical Association veröffentlichte.
Die erste der Studien erfaßte die unterschiedlichen Krankheitserscheinungen mit einem als Faktorenanalyse bezeichneten mathematischen Verfahren. Es ließen sich damit drei Gruppen voneinander abgrenzen: Während ein Teil der Untersuchten vorwiegend über Wahrnehmungstörungen klagte, waren bei einer zweiten Gruppe Bewegungsabläufe und Orientierungsvermögen beeinträchtigt. Ein dritter Bereich von Symptomen schließlich umfaßte Gelenk- und Muskelschmerzen sowie dauernde Müdigkeit.
Die Forscher verglichen daraufhin in einer weiteren Studie die drei Symptomkomplexe mit den Angaben der Veteranen über Chemikalien, denen sie im Krieg ausgesetzt waren. In der ersten Gruppe hatten überdurchschnittlich viele der Erkrankten Halsbänder zur Insektenabwehr getragen. Soldaten, die ein solches Flohhalsband benutzt hatten, litten besonders häufig an Wahrnehmungs- und Gedächtnisstörungen. Zur zweiten Gruppe gehörten vor allem Veteranen, die annehmen, daß sie im Golfkrieg mit chemischen Waffen in Kontakt kamen. Besonders oft berichteten diese Patienten auch über Nebenwirkungen des Medikaments Pyridostigminbromid. Es war den Soldaten zum Schutz vor Giftgas verabreicht worden. Symptome der dritten Gruppe schließlich traten vor allem bei Soldaten auf, die sich mit einem bestimmten Insektizid, Diethytoluamid (DEED), eingerieben hatten.
In der dritten Studie wurden am Golfkriegssyndrom leidende Veteranen mittels neurologischer Testverfahren untersucht. Beobachtungen der Hirnaktivitäten ergaben: Bei den Erkrankten wichen die Ergebnisse deutlich häufiger von den Normalwerten ab. Ähnliche Schädigungen wurden zuvor schon bei Vergiftungen mit Organophosphat-haltigen Pestiziden beschrieben.
Zwar steht ein eindeutiger Nachweis für die Ursachen des Golfkriegssyndroms noch aus. Für die Wissenschaftler besteht aber, entgegen dem Ausschußbericht, eine hohe Wahrscheinlichkeit, daß die Krankheitsbilder auf die kombinierte Wirkung der eingesetzten Chemikalien zurückzuführen sind. Wiebke Rögener
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen