■ Mit der Bananenordnung auf du und du: Hohe Preise bleiben
Freiburg/Luxemburg (taz) – Bananen standen im Mittelpunkt des Interesses beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Mit zwei Urteilen wurden gestern zunächst kleinere Scharmützel um die EU-Bananenmarkt-Ordnung abgeschlossen, um anschließend eine Klage zu verhandeln, die das ganze EU-Bananensystem aus den Angeln heben könnte.
Die Bananenmarkt-Ordnung ist vor allem in Deutschland unbeliebt, weil sie die Einfuhr lateinamerikanischer „Dollarbananen“ erschwert, um die BananenanbauerInnen in europäischen Überseegebieten und ehemaligen Kolonien zu schützen.
In den beiden gestrigen Urteilen ging es um Übergangsmaßnahmen der Europäischen Kommission, zu denen sie sich nach dem Wirbelsturm „Debbie“ durchgerungen hatte, der im September 1994 Bananenplantagen auf den Karibikinseln von Martinique, Guadeloupe, St. Lucia und Dominica verwüstet hatte. Die EU-Kommission wollte den betroffenen ImporteurInnen helfen und erteilte ihnen Sonderlizenzen zur Einfuhr von Dollarbananen.
Gegen diese Zusatzlizenzen klagten Deutschland und Belgien. Ihr Argument: Wenn die Kommission schon die begehrten Lizenzen zur Einfuhr von Dollarbananen erhöhe, dann sollten nach dem üblichen Schlüssel doch alle ImporteurInnen davon profitieren und nicht nur einige wenige. Wenig überraschend hielt dem der Gerichtshof entgegen, daß die bevorzugten ImporteurInnen ja nicht willkürlich bevorzugt wurden, sondern deshalb, weil sie zuvor von einem Wirbelsturm geschädigt worden waren. Und die Kompetenz für solche Ausgleichsmaßnahmen hat der Gerichtshof der Kommission ausdrücklich eingeräumt.
Auch im zweiten Urteil wurde eine Entscheidung der Kommission bestätigt. Belgien hatte dagegen geklagt, daß die Kommission für die Belieferung der neuen EU-Staaten Österreich, Schweden und Finnland Sonderlizenzen vergeben hatte. Nach belgischer Auffassung hätte dies der Rat beschließen müssen.
Von deutlich größerer Bedeutung ist ein Verfahren, das gestern in Luxemburg erst verhandelt wurde. Kläger ist hier der in Bananenprozessen bereits geübte Hamburger Fruchtimporteur T. Port. Er hatte zwar kürzlich für sich eine Härtefallregelung erstritten, um den drohenden Konkurs abzuwenden (taz vom 27. 11. 96). Nach wie vor greift er aber die Bananenmarkt-Ordnung als solche an. Er behauptet, daß sie mit ihrer Marktabschottung für die lateinamerikanischen Dollarbananen dem Gatt-Abkommen widerspreche. Gatt-Gremien haben diese Sichtweise vor geraumer Zeit bereits bestätigt.
Den Europäischen Gerichtshof hat dies bislang wenig interessiert. Sein Argument bei einem Grundsatzurteil im Jahr 1994 lautete, das Gatt-Abkommen sei nicht verbindlich genug, um Gemeinschaftsrecht verdrängen zu können.
Inzwischen hat sich aber einiges verändert. Die Welthandelsorganisation WTO wurde gegründet. Und deren Beschlüsse können auch gegen den Widerstand der Betroffenen durchgesetzt werden. Wenn also die WTO erneut beschließt, daß die EU-Bananenmarkt-Ordnung Gatt-widrig ist, dann muß sich der Europäische Gerichtshof etwas Neues einfallen lassen – oder die Bananenmarkt-Ordnung für nichtig erklären.
Ein entsprechender WTO- Beschluß steht bereits seit Monaten aus. Noch verzögern die EU-VertreterInnen im entsprechenden Ausschuß die Beschlußfassung. BeobachterInnen sind sich aber sicher, daß die WTO noch vor dem in einigen Monaten erwarteten Urteil des EuGH entscheidet. Christian Rath
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