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26 Vulkanesen werden Kapitalisten

■ Existenzgründer-Initiative lobt sich / IGM ruft nach mehr Staat

Große Ratlosigkeit herrscht über die Zukunft der Vulkan-Beschäftigten. Gestern zog die „Existenzgründungs-Initiative Vulkan“ die Zwischenbilanz ihres Sofortprogramms, das der Bremer Senat im August 1996 aufgrund einer Initiative der Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WfG) beschlossen hatte. Zugleich legte die IG Metall ein Positionspapier vor, das den Erhalt und die Neuschaffung von Arbeitsplätzen auf dem Vulkan-Gelände bezweckt.

Als voller Erfolg wurde von den an der Umsetzung beteiligten Wirtschaftsorganisationen das Sofortprogramm dargestellt, das dazu dienen soll, einen kleinen Teil der Schiffbauer als Handwerker und Einzelhändler in die unternehmerische Selbständigkeit zu entlassen. So konnte Harm Wurthmann vom „Rationalisierungs-Kuratorium der deutschen Wirtschaft“ (RKW) berichten, daß seit dem Start des Sofortprogramms rund 110 „Betroffene“ ein Beratungsgespräch über die Möglichkeiten einer Existenzgründung gesucht hätten. Aus diesen Gesprächen hätten sich bislang 26 „ernsthafte und marktfähige Gründungsprojekte“ ergeben, die insgesamt etwa 57 Arbeitsplätze versprächen. Darunter sind Schiffbauer, die als Blumenhändler anfangen wollen, ein vegetarischer Imbiß, aber auch Ingenieurbüros oder Handwerksbetriebe.

Eines der Neu-Unternehmen im Detail vorzustellen, war Wurthmann allerdings noch nicht in der Lage. Auch gesteht er ein, daß dieses Sofortprogramm, das mit zwei Millionen Mark aus dem „Wirtschaftspolitischen Aktionsprogramm“ finanziert wird, nur für einen geringfügigen Teil der ehemaligen Vulkanesen eine „tragfähige Alternative“ darstellt.

Ganz anders will die IG Metall auf die drohende langfristige Arbeitslosigkeit der ex-Vulkanesen in Bremen-Nord reagiert wissen. Ihr geht es, so der Erste Bevollmächtigte Manfred Muster, „jetzt darum, den Prozeß der Verwertung des Vulkan-Geländes und der werthaltigen Maschinen und Anlagen mit dem Prozeß der Schaffung neuer Arbeitsplätze zu verzahnen“. Der Senat müsse Gelände und Anlagen von den Gläubigern erwerben, eine weitgehend staatliche Entwicklungsgesellschaft solle gegründet werden, die „die Entwicklung und Umsetzungen von Existenzgründungen, Neuansiedlungen und Beteiligungen unterstützen und koordinieren.“ Das Erfolgsrezept der IG Metall: „Eine verbindliche, beteiligungsfreundliche und professionelle Koordination der Umstrukturierung durch Vernetzung.“ Was die ehemaligen Schiffbauer dann da machen sollen, sagte IG-Metall-Chef Manfred Muster allerdings nicht . Markus Neumann

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