Torhüter aus Trinidad

Das Drama des deutschen Fußballs oder Geht der deutsche Fußball vor die Hunde? Karnevalistischer Einakter  ■ Von Joachim Frisch

Personen:

Ein DFB-Funktionär,

ein Kulturschaffender der „FR“,

ein Altinternationaler,

ein Beckmann,

ein Schiedsrichter Merk,

der (Fan-)Chor,

Bananen

DFB-Funktionär: Wir alle machen uns große Sorgen um unseren deutschen Fußball. Nach Bosman spielen schon in manchen Profiteams mehr Ausländer als Deutsche. Der deutsche Nachwuchs sieht keine Chance mehr und läuft in Scharen zu anderen Sportarten.

Deshalb meine Frage in die Runde: /

Geht der deutsche Fußball vor die Hunde?

Kulturredakteur: Der Fußball ist längst vor den Hunden, als Pausenclown für „Pedigree Pal“- und „Chappy“-Werbung.

(Wendet sich zum Publikum)

Im Fernsehn dient der Fußball als Staffage. /

Für Tütensuppen, Deosprays und Rum /

legt sich der Fußballprofi heute krumm. /

Der Fußball ist am Ende seiner Tage.

(Vereinzeltes Klatschen)

Chor: Olé, olé, olé, St. Pahauli, olé!

(Tosender Beifall)

Altinternationaler: Alles, was den Fußball früher ausgemacht hat, Kameradschaft, Kameradschaft und Kameradschaft, zählt heute nichts mehr. Nichts, nichts und nichts.

Früher waren wir alle Kameraden. /

Heute geht die Kameradschaft baden. /

Die Spieler haben alle zuviel Kohle. /

Das gereicht dem Fußball nicht zum Wohle.

(Gemäßigter Applaus)

Chor: Zieht den Bayern die Lederhosen aus!

(Jubel)

Kulturredakteur: Die Kommerzialisierung macht den Fußball zur Ware, zum Konsumgut. Der Fußball verliert seine kulturelle Identität.

(Nimmt ein Buch aus der Hosentasche, liest vor)

Fußball: Trostes Quell. /

Fußball: Zauber, Kraft und Leidenschaft. /

Fußball: Otto Rehhagel.

Beckmann vom Fernsehen: Oh je. Den Malocher, der abends matt in den Sessel sinkt, den interessiert kulturelle Identität doch einen Dreck. Der will Spaß haben. Fußball als Erlebnis, just for Fanta. That's it. What's wrong?

(Dreht sich zum Auditorium, greift sich eine Fender Strat Gitarre, spielt eine Art Rap und sprechsingt)

Fußball, das ist ein Event. /

Just for fun mit „täglich ran“ /

bringen wir den Fußball an den Mann. /

Wer deshalb flennt, /

der hat den Geist der Zeit verpennt.

(Indianerartiges Gejohle des Publikums)

Kulturredakteur: Fußball muß Volkssport bleiben.

(Zum Publikum)

Die Fernsehsender kennen kein Erbarmen, /

tot senden sie den schönen Fußball. Amen.

Beckmann: Tot ist nur dieser Reim. Der Fußball lebt, und wie! Dank uns. Noch nie waren die Stadien völler.

Funktionär: Nicht zugucken sollen die jungen Leute, sondern spielen! Der deutsche Fußball geht vor die...

Beckmann (vorlaut genervt): Das wissen wir bereits...

Funktionär: ... Hunde.

(Geht in eine Karnevalsbütt)

Brasilianer und Bulgaren, /

Polen, Russen, Magyaren, /

Fußballstars aus Costa Rica /

kicken in der Bundesliga. /

Tschechen spielen letzter Mann, /

Kasachen auf der Außenbahn, /

Stürmer kommen aus Gabun, /

Verteidiger aus Kamerun /

Viererketten aus dem Tschad, /

Torhüter aus Trinidad, /

Regisseure aus Peru, /

Und die Deutschen sehen zu.

Bananen (Fliegen aus der Fanecke auf den Funktionär)

Redakteur: Hochkulturen kurz vor dem Untergang, spielen nicht mehr selber, sie lassen spielen und schauen zu. Das war schon bei den Römern mit ihren großartigen Zirkusspielen so. Damit müssen wir leben. Und wenn wir die besten Spieler einbürgern, dann bleiben wir sogar ganz oben.

Chor: Taugt der Afrikaner was, /

kriegt er einen deutschen Paß. /

Spielt er aber Scheiße, /

muß er auf die Reise.

Beckmann: Wenn ich Sie richtig verstehe, Herr Böttenkötter, gäbe es also im Paradies, in dem die gebratenen Tauben herumfliegen, gar keinen Fußball, weil ja nur die sich quälen, die nicht alles haben?

Redakteur: Vielleicht würde Fußball dort von Hunden gespielt.

Beckmann: Blöder Hund.

Schiedsrichter Merk (Betritt die Bühne im Laufschritt und pfeift die Diskussion ab. Es folgt Werbung für „Pedigree Pal“-Hundefutter)