: Seltsame Cluster
■ Leukämiefälle ohne Zusammenhang mit früherem Kernforschungszentrum
Dresden (taz) – Radioaktive Emissionen des ehemaligen Zentralinstituts für Kernforschung (ZfK) Rossendorf bei Dresden seien „mit großer Sicherheit“ nicht die Ursache für die in der Region festgestellten Leukämiefälle. Zu diesem Ergebnis kommt eine von den sächsischen Ministerien für Umwelt und für Gesundheit in Auftrag gegebene „Epidemiologische Untersuchung“.
Mitarbeiter des gemeinsamen Krebsregisters der Länder hatten ein erhöhtes Leukämierisiko bei Kindern in der Umgebung des DDR-Kernforschungszentrums festgestellt. Die daraufhin in Auftrag gegebene Studie bestätigte dieses erhöhte Risiko im Zeitraum 1980 bis 1990, jedoch nicht nur für den 10-Kilometer-Radius um Rossendorf, sondern auch für andere Regionen Sachsens. Die Erkrankungsfälle seien „räumlich und zeitlich nicht gleichmäßig verteilt“, ein Trend wurde weder nach Geschlecht noch Alter der Erkrankten festgestellt. Der 10-Kilometer- Untersuchungsradius schneidet das östliche Stadtgebiet Dresdens an. Werde die ganze Stadt in diese Untersuchung einbezogen, so die Ministerien in der Auswertung, fallen „alle auffälligen Befunde“ gegen Rossendorf aus der Statistik.
In Sachsen wurden 94 Cluster, kleinräumige Häufungen von Leukämieerkrankungen, festgestellt. Zwar liegen einige im Untersuchungsgebiet, dieses selbst aber wurde nicht als Cluster abgebildet. Als „Überraschung“ wertet die Studie, daß Gebiete mit der höchsten natürlichen Strahlung von Clustern „auffällig frei“ seien. Rossendorf liegt, die Emissionen des ZfK inklusive, an vorletzter Stelle einer achtstufigen Skala natürlicher Strahlenbelastung in Sachsen. Ein Anstieg der Erkrankungshäufigkeit analog der Strahlenbelastung wurde nicht festgestellt.
Offen bleibt die Interpretation der Schilddrüsenkrebsfälle um Rossendorf, darunter ein Fall der sehr seltenen Erkrankung eines Kindes. Die generell in Sachsen ansteigende Häufigkeit des Schilddrüsenkrebses wird als eine Erklärung angeboten, die bis 1990 vorgekommenen J-131-Emissionen aus dem Forschungszentrum werden nicht ausgeschlossen.
Das DDR-Kernforschungszentrum hat ab 1957 einen 10-MW- Forschungsreaktor betrieben, der im Sommer 1991 abgeschaltet wurde. Für die Stillegung, das heißt auch Entsorgung, steht das Genehmigungsverfahren noch aus. Heute besteht auf dem Rossendorfer Gelände die Landessammelstelle für schwachradioaktive Abfälle, die dort auf die Endlagerung in Morsleben warten. Detlef Krell
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