Bombe am Morgen

■ „La Belle“-Attentat: Staatsanwalt erhob Anklage gegen fünf Beschuldigte

Berlin (taz) – Die Berliner Staatsanwaltschaft hat gestern knapp elf Jahre nach dem Bombenanschlag auf die Diskothek „La Belle“ Anklage gegen fünf Beschuldigte erhoben. Generalstaatsanwalt Dieter Neumann machte für das Attentat, bei dem eine junge Türkin und zwei US-amerikanische Soldaten getötet wurden, die libysche Regierung verantwortlich. Der Anschlag sei nach den Erkenntnissen von Staatsanwaltschaft und Polizei „auf direkte Anweisung des libyschen Nachrichtendienstes in Tripolis“ erfolgt.

Drei der fünf Beschuldigten sollen jetzt wegen Mordes angeklagt werden. Es handelt sich dabei um den 37jährigen Palästinenser Yasser Chraidi, der im Mai letzten Jahres von der libanesischen Regierung in die Bundesrepublik ausgeliefert wurde. Chraidi, vor zehn Jahren Angestellter des libyschen Volksbüros in Ost-Berlin, soll von einem Botschaftsangehörigen den Auftrag für das Attentat erhalten haben. Verena Chanaa (38) wird beschuldigt, den Sprengsatz in den frühen Morgenstunden am 5. April 1986 in der Diskothek plaziert zu haben. Auch ihrem damaligen Ehemann Ali Chanaa (37) wird Mord vorgeworfen. Die Schwester Verena Chanaas, die 31jährige Andrea Häußler, soll Verena Chanaa in die Diskothek begleitet haben.

Möglich wurden die Anklagen erst durch das Sichten von Akten, die der Staatssicherheitsdienst der DDR über das Attentat angelegt hatte und die nach der Wende den Westberliner Staatsanwälten zugänglich wurden. Daraufhin konnten die Ermittler später auch den libyschen Ex-Geheimagenten Musbah Abdulgassem Eter ausfindig machen, der im vergangenen Jahr in der deutschen Botschaft in Malta umfangreiche Aussagen zum Fall „La Belle“ machte.

Der Prozeß gegen die fünf Beschuldigten könnte Anfang Sommer beginnen. Dann wird sich das Gericht auch mit der Rolle Ali Chanaas befassen müssen. Den Stasiakten zufolge informierte Chanaa unter dem Decknamen „Alba“ die Stasi über anstehende Anschläge gegen US-Einrichtungen in West-Berlin. Die Stasi hatte Chanaa wiederum in Verdacht, auch für den amerikanischen Geheimdienst CIA zu arbeiten. Unmittelbar nach dem Anschlag hatte Präsident Reagan Libyen dafür verantwortlich gemacht. Wolfgang Gast