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„Bosnier zum Leben unter Muslimen erziehen“

■ Die Stadt Oldenburg verschickt erst Rückkehrbescheide an bosnische Flüchtlinge, gründet plötzlich einen Runden Tisch und ignoriert die Arbeit freier HelferInnen

Oldenburg. Die Oldenburger Ausländerbehörde hat jetzt damit begonnen, bosnische Bürgerkriegsflüchtlinge zur Rückkehr in ihre Heimat aufzufordern. Bislang haben sechs der 333 in Oldenburg, Delmenhorst, Ganderkesee und Friesland lebenden BosnierInnen ein entsprechendes Schreiben erhalten, laut Stadtpressesprecherin Anja Gieselmann allesamt „alleinstehende, mutige junge Leute“. Weitere Rückkehrbescheide werden folgen. Jedoch: Noch liegt in Oldenburg kein Konzept vor, wie die Ausreise der BosnierInnen abgewickelt werden soll.

Dabei drängt die Zeit. Im Vergleich zu anderen Städten – in Bremen war die Behörde schneller, doch auch hier werden bosnische Bürgerkriegsflüchtlinge über die Rückkehr unzureichend informiert (siehe auch taz vom 21.1.97) – ist Oldenburg sozusagen spät dran. Den Flüchtlingen, die zur Rücckehr aufgefordert werden, werden drei Monate zugestanden, um ihre Ausreise zu organisieren oder dagegen Widerspruch einzulegen. Laut Gesetz aber sollen die BosnierInnen bereits bis zum 31. März ausgereist sein. Und die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise scheint gering: Gerade mal 13 Flüchtlinge haben bislang aus freien Stücken Oldenburg verlassen.

Völlig ungeklärt nämlich ist beispielsweise, wie mit den rund 150 bosnischen KroatInnen verfahren werden soll, die aus dem nördlich von Sarajewo gelegenen Kakanj stammen. Für das niedersächsische Innenministerium ist der Fall klar: Es hat das serbisch-moslemisch verwaltete Kakanj zu einer „sicheren“ Region erklärt.

Für den städtischen Ausländerbeauftragten Werner Vahlenkamp geht es demzufolge also lediglich darum, „die Bosnier so zu erziehen, daß sie auch unter Muslimen leben können.“ Die FlüchtlingsbetreuerInnen beurteilen die Lage ungleich schwieriger: „Für die hier bei uns lebenden Flüchtlinge kann das Gebiet keinesfalls als sicher gelten. Zudem ist noch ungeklärt, ob und wie die soziale und materielle Versorgung der Rückkehrer gesichert ist“, wendet beispielsweise Werner Hellemann vom Diakonischen Werk ein. Und Ende vergangenen Jahres haben die Flüchtlinge bei einer Informationsveranstaltung gemeinsam ihre Ängste formuliert: „Wir können uns nach allem, was gewesen ist, nicht vorstellen, als Minderheit unter einer moslemischen Mehrheit zu leben. Wir wollen auf keinen Fall zurück nach Kakanj.“

Noch '96 hatte sich daher ein „Runder Tisch“ aus FlüchtlingsvertreterInnen, sozialen Einrichtungen und unabhängigen Gruppen gebildet. Mit einer Resolution gegen den „Rückkehrzwang“ allerdings weckte der Arbeitskreis den Unmut der Behörden, die sich in dieser Woche mit Diakonischem Werk, Caritas und Arbeiterwohlfahrt über die Gründung eines eigenen Runden Tisches verständigten. Dieser Zusammenschluß soll nun eigene Hilfskonzepte entwickeln. Die Aufgabe lautet: „Differenzierte Daten aus Bosnien zusammentragen, Einzelschicksale erörtern“ sowie Rat und Verwaltung beraten.

FlüchtlingsvertreterInnen und unabhängige Gruppen sind verärgert. Sie finden, daß ihre eigene Arbeit damit durch Ignoranz zerschlagen wird. „Wir könnten schon viel weiter sein“, kritisiert beispielsweise Ulrich Hartig von der „Interkulturellen Arbeitsstelle IBIS“: „Die Flüchtlinge könnten ihre Angelegenheiten selbst in die Hand nehmen. Aber die Stadt hat die BosnierInnen bewußt außen vor gelassen.“

Laut neuestem Beschluß des behördlichen Runden Tisches werden zum nächsten Treffen auch Flüchtlinge eingeladen und gehört. Einen Termin dafür gibt es allerdings noch nicht. Jens Breder/

Maik Günther

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