Das Portrait: Alter Kritiker des Militärs in Thailand
■ Sulak Sivaraksa
„Die haben wohl nichts Besseres zu tun“, sagte Sulak Sivaraksa gestern lakonisch. „Sie“, das sind die thailändischen Behörden, die den bekannten Sozialkritiker wegen Majestätsbeleidigung verklagen wollen. Der stellvertretende Polizeichef von Thailand, Pornsak Durongkavibool, hatte zuvor erklärt, die Polizei habe ein Tonband von einer Rede Sulaks in Los Angeles, in der er die königliche Familie mehrfach beleidigt habe. Ein Haftbefehl werde demnächst ausgestellt.
In Thailand kann man so ziemlich alles öffentlich sagen – nur nichts gegen den König und die Monarchie. Auf Majestätsbeleidigung steht Gefängnisstrafe, und dieser weit auslegbare Vorwurf wurde in der Vergangenheit gern gegen Regierungskritiker erhoben, um sie aus dem Weg zu räumen.
Der 63jährige Sulak, der sich als „Monarchist“ bezeichnet, bestreitet die Beschuldigung der Polizei: Als er vor acht Monaten zuletzt in Los Angeles gewesen sei, habe er gar keinen Vortrag gehalten, sagt er. Wenn es ein Tonband gebe, dann müsse es manipuliert worden sein.
Sulak erhielt 1995 den sogenannten Alternativen Nobelpreis der „Right-Livelihood-Stiftung“ für seinen Einsatz für Gewaltfreiheit, soziale Gerechtigkeit, Demokratisierung und interreligiösen Dialog. Seit über dreißig Jahren gehört der überzeugte Buddhist Sulak zu den prominentesten Kritikern des thailändischen Militärs und der gesellschaftlichen Verhältnisse.
Zweimal schon wurde Sulak wegen Majestätsbeleidigung angeklagt: Nach den Militärputschen von 1976 und 1992. Erst vor zwei Jahren wurde das letzte Verfahren nach Intervention des Königs eingestellt.
Auch jene Intellektuellen, die Sulak wegen einer gewissen Liebe zur Selbstdarstellung kritisieren, verweigern ihm den Respekt nicht: Er hat sich immer beharrlich für eine Demokratisierung der Gesellschaft eingesetzt.
Warum ihn die Behörden jetzt wieder aufs Korn nehmen, weiß er auch nicht genau. Sie hätten ihn wohl für einen der führenden Köpfe bei den gegenwärtigen Bauernprotesten in Bangkok gehalten, sagt er. Außerdem habe er immer wieder die Politik des königlichen Immobilienbüros scharf kritisiert, das große Ländereien besitze und in den letzten Jahren immer mehr arme Bewohner aus ihren Häusern vertrieben habe. „Majestätsbeleidigung ist das nicht“, fügt Sulak hinzu. Jutta Lietsch
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