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Schock-Bum in Dolby digital

■ Sarajevo und die Kriegsreporter: „Territorio Comanche“ im Wettbewerb

Daß ausreichende Whiskyvorräte für den Kameramann bei der Kriegsberichterstattung fast genauso wichtig sind wie Ersatzbatterien, wissen wir aus diversen Filmen über Bürgerkriege aus aller Welt. In „Territorio Comanche“ von Gerardo Herrero, einer spanisch-deutsch-französisch-argentinischen Koproduktion, ist das nicht anders.

„Territorio Comanche“, das sind jene lebensgefährlichen Zonen im von den Serben belagerten Sarajevo, wo man „niemanden sieht, aber gesehen wird“ — als Zielscheibe für die Heckenschützen in den Bergen. Die zwei Reporter vom spanischen Fernsehen, Miguel und José, fahren trotzdem gern hin ins „Territorio Comanche“. Kaltblütig sind die Kerle schon, die Emotionen höchstens dann zeigen, wenn ihr Feuerzeug streikt.

Als die junge ambitionierte Laura, anchor-woman ihres Senders, aus Madrid im Journalistenhotel „Holiday Inn“ in Sarajevo eintrifft, lassen die beiden alten Hasen das Greenhorn erst mal auflaufen, das noch zuckt, wenn's neben ihm „bum!“ macht.

„Bum!“ macht es naturgemäß viel in „Territorio Comanche“, in allen Kalibern und der ganzen Bandbreite der genreüblichen Schockeffekte. Einen Anspruch hat man aber auch: Um das Selbstverständnis von Kriegsberichterstattern sollte es gehen. Doch außer daß die Soundeffekte in Dolby digital tief in die Magengrube schlagen, erfährt man übers Berufsethos bloß das, was man schon ahnte: So ein richtig gutes Gewissen hat keiner der Kriegsreporter, für ein gutes Bild bzw. O-Ton geht man buchstäblich über Leichen, und ein bißchen Liebe zwischendurch brauchen auch die hartgesottenen Miguels und Lauras der TV-Stationen aus aller Welt. Der Rest ist Routine, unterlegt mit Klagegesang. Alexander Musik

„Territorio Comanche“. Spanien 1996. Regie: Gerardo Herrero. Mit Imanol Arias, Carmelo Gómez, Cecilia Dopazo

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