piwik no script img

So etwas wie Endzeitstimmung

■ Hongkongs „Angst vor dem Drachen“ (22.30 Uhr, WDR)

Am 1. Juli dieses Jahres ist es soweit: Die britische Kronkolonie Hongkong fällt nach über 150 Jahren an China zurück. Die Vorbereitungen für die Übergabefeierlichkeiten laufen auf Hochtouren. Am eigens dafür entworfenen Palast wird eifrig gewerkelt, und wenn der britische Gouverneur Christopher Platten den Union Jack vom Mast holt, wird neben Prinz Charles auch eine ganze Heerschar von veritablen Potentaten aus aller Welt gute Miene zu einem Spiel machen, von dem noch keiner so recht weiß, wie es ausgeht. Zwar ist dem gut 1.000 Quadratkilometer großen Areal für weitere 50 Jahre ein Sonderstatus garantiert, der ihm weitgehende politische und ökonomische Souveränität gewährt, aber bei den Greisen in Peking weiß man ja nie.

Gleichwohl geben sich diejenigen der 3.000 in Hongkong lebenden Deutschen, die Elke Hockerts- Werner und Ernst-Michael Wingens für ihre Reportage befragt haben, vorwiegend optimistisch. In der Mehrzahl hochrangige Repräsentanten westlicher Konzerne, bauen sie darauf, daß die Chinesen die Kuh, die sie melken wollen, schon nicht schlachten werden, ergo in Hongkong der Kapitalismus auch weiterhin üppige Früchte tragen wird. Und das deutsche Bier nebst Frikadellen und Rollmöpsen in der germanischen Kneipe namens „Schnurrbarts“ werden die neuen Machthaber doch wohl auch nicht gleich verbieten. Was mögliche beziehungsweise zu erwartende Einschränkungen von Pressefreiheit und Menschenrechten angeht – nun ja, man würde es irgendwie bedauern, aber deshalb nicht gleich die Koffer packen, solange sich hier noch schwarze Zahlen schreiben lassen.

Demgegenüber geht unter den Hongkong-Chinesen, die Gerd Ruge während seiner Reise Anfang Februar befragt hat („Letzter Tango in Hongkong“, Samstag, 21.45 Uhr, WDR) durchaus die Angst um. Bei den Vorbereitungen zum chinesischen Neujahrsfest hat Ruge so was wie Endzeitstimmung ausgemacht. Wer es sich leisten kann, trägt sich mit Auswanderungsgedanken, den anderen – und das ist auch in Hongkong die Mehrheit – schwant, daß das nun begonnene Jahr des Ochsen für sie wenig Gutes bringen wird. Reinhard Lüke

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen