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Keine Profis

Berufsboxer Rocchigiani pinkelt seinen Arbeitgeber RTL an  ■ Von Peter Unfried

Berlin (taz) – Wo vorne Hans Mahr stand, war nicht Hans Mahr dahinter. Schade. Es wäre diesmal besonders interessant gewesen, dem charmanten Informationsdirektor des Fernsehsenders RTL zu lauschen. Der aber hatte Besseres zu tun. So stand nur einsam das Namensschild am rechten Rand eines langen Tisches, während links ein Angestellter des Senders heftig gegen dessen Programm wetterte.

Es ist klar, daß es sich bei solch verwegenem Treiben um den Boxer Graciano Rocchigiani handeln muß. Rocchigiani (33) war nicht davon angetan, gestern nachmittag in einem Berliner Hotel herumzusitzen, während gleichzeitig in Dortmund Kollege Dariusz Michalczewski mit dem WBA- und IBF-Halbschwergewichtsweltmeister Virgil Hill erste Sticheleien vor dem WM-Kampf am 5. April austragen durfte. Rocchigiani muß am 22. März gegen den US-Amerikaner John Scully ran. Testweise. „Ich bin sehr enttäuscht“, sagte Rocchigiani erbost, „daß RTL nicht in der Lage ist, mir Virgil Hill zu holen.“ Das, sagt er, sei „nicht gerade professionell“.

Womöglich ja doch. Promoter Sauerland hatte das Geschäft mit Hill bereits vor Konkurrent Kohl „im Grunde genommen klar“. Dann kam ein Fakt dazwischen. Welcher? Rocchigiani weiß es: „Fakt ist, daß RTL mir nicht zutraut, Hill zu schlagen.“ Den Sender bindet ein Einjahresvertrag über drei Kämpfe an den Boxer. Man fürchtet, nach einer Niederlage „das Geld bei den zwei anderen Kämpfen zum Fenster rauszuschmeißen“ (Rocchigiani).

Das macht Sinn. Die Meinungen über die verbliebenen Qualitäten des einstigen Supermittelgewichts-Weltmeisters sind geteilt. Und was soll die Eile? Zweistellige Millionenquoten für Kampf 1 hält nicht nur RTL für realistisch, einen Sieg von Scully keiner. Virgil Hill funktioniert nur auf dem deutschen Markt, ein weiterer Kampf liegt nahe. Und falls Michalczewski siegt? „Nicht für zehn Millionen“, sagt Rocchigiani, durch die Hamburger Disqualifikation verstimmt. Dann müsse eben der Ausnahmeboxer Roy Jones Jr. her. Die Profis von RTL werden's richten. Zu vermuten steht allerdings: erst beim letzten Kampf.

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