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Schlagkräftige Heldinnen bei der Arbeit

■ Wham, bang – thank you ma'am: In Ann Huis Hongkong-Film „Ah Kam – The Stuntwoman“ (Panorama) schlagen und treten die Frauen so gut wie die Männer

„Vielleicht können Sie mir ja hinterher sagen, wovon dieser Film handelt“, wandte sich Ann Hui gestern abend an das amüsierte Publikum im Royal-Palast. Ganz so schlimm kam es dann doch nicht – die Regisseurin hatte sich wohl nur versprochen.

Als großes Plus des fernöstlichen Kinos erschien mir stets die Selbstverständlichkeit, mit der Frauen dort als Actionheldinnen auftreten: „Wham, bang, thank you ma'am“ – die Frauen schlagen und treten so gut wie die Männer. Daß es, laut Ann Hui, in ganz Hongkong nur fünf Stuntfrauen geben soll, war eine Überraschung.

Vom Leben einer solchen Stuntfrau erzählt Huis Spielfilm „Ah Kam“ – ein Frauenporträt der etwas anderen Art. Drei inhaltlich wie stilistisch unterschiedliche Episoden zeigen die Heldin bei der Arbeit, eine scheiternde Liebesaffäre und eine Gangsterstory im traditionellen Hongkong-Stil.

Zu Beginn taucht „Ah Kam“ in die Welt der Dreharbeiten von Actionfilmen ein: Die Handkamera springt hin und her, erzählt von kleinen Eifersüchteleien unter den Darstellerinnen, enthüllt die Tricks und die vielen Unfälle. Vor allem aber zeigt „Ah Kam“ den gnadenlosen Konkurrenzkampf der Filmteams: Nach 36 Stunden ohne Schlaf schießt dem Regisseur das Blut aus der Nase, auch ohne daß zuvor jemand draufgehauen hat. Die Finanzierung übernimmt die chinesische Mafia; gelegentlich werden die Dreharbeiten abgebrochen, weil der Boß gerade erschossen wurde.

Trotz oder gerade wegen der widrigen Umstände herrscht im Filmteam eine familiäre Atmosphäre, Solidarität ist Trumpf. Und mittendrin die Stuntfrau: Sie macht sich in der Männerdomäne langsam unentbehrlich.

Doch dann verliebt sie sich, der Film wird zum Melodram. Man erkennt gleich, daß sie mit diesem Schnösel nicht glücklich werden kann: also wieder zurück zu ihrem Job. Plötzlich wird alles sehr verwirrend und hektisch, ganz wie im „richtigen“ Hongkong-Kino. Der väterliche Regisseur wird ermordet, und die Stuntfrau befindet sich mit seinem altklugen Söhnchen auf der Flucht. Die Schurken sehen mit ihren öligen Haaren und den lila Jackets aus, als wären sie direkt einem Comic entsprungen und agieren tolpatschig wie im Kasperletheater.

Es hätte der große Actionteil des Films werden können, doch ein schwerer Unfall der Hauptdarstellerin Michelle Yeoh (in alter Hongkong-Manier sind die Aufnahmen vom Unfall im Abspann zu sehen) stand dem im Wege. Unterhaltsam ist es allemal, doch ihr Herzblut hat Ann Hui bei dieser Auftragsproduktion wohl nicht vergossen. Lars Penning

„Ah Kam – The Stuntwoman“. Hongkong 1996, 95 Minuten, Regie: Ann Hui. Mit Michelle Khan, Samo Hung, Jimmy Wong, Ken Lo u.a.

24.2.: 18.30 Uhr, Filmpalast

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