piwik no script img

Bundesbank sieht den Euro entschwinden

■ Bundesbank und Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung waren sich nie so einig: Die Konjunktur belebt sich 1997 nicht, die Arbeitslosigkeit geht nicht zurück

Berlin (taz) – Schlecht ist die Wirtschaftslage in Deutschland, und besser wird sie auch in diesem Jahr nicht. Übereinstimmend kommen die sonst eher zurückhaltende Bundesbank und das regierungskritische Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) zu diesem Schluß. „Keine besonderen Konjunkturimpulse“ erwartet die Bundesbank in ihrem jüngsten Monatsbericht für dieses Jahr. Das Bruttoinlandsprodukt werde im ersten Quartal gar real um 0,25 Prozent sinken, meinen die DIW-Forscher.

So geben Privatleute noch weniger Geld aus, die Industrie im Inland investiert weiter zu wenig, um die Konjunktur anzukurbeln. Die Bundesbanker von Hans Tietmeyer setzen daher auf die Exporte, die sich im vergangenen Jahr „sprunghaft belebt“ haben. Die Entwicklung habe sich jedoch längst vom Arbeitsmarkt abgekoppelt. Für die nach letzten Hochrechnungen knapp 4,7 Millionen Arbeitlosen bringen daher weder Exporte noch die bereits niedrigen Zinsen etwas. Die „derzeitigen wirtschaftlichen Probleme in Deutschland sind struktureller Natur“, schreibt die Bundesbank. Sie kritisiert die Entschlußlosigkeit der Bundesregierung. Reformen des Steuerrechts und der Sozialversicherungen könnten Unternehmen dazu verleiten, auch mal im Land zu investieren, wenn sie denn nur schnell kommen würden.

Enttäuscht ist Bundesbankpräsident Hans Tietmeyer von der Haushaltspolitik. Das Staatsdefizit im vergangenen Jahr hat mit 3,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) die Maastricht-Kriterien für die Währungsunion überschritten. Für das entscheidende Jahr 1997 rechnet die Regierung bereits mit 2,9 Prozent Defizit und hat somit nur einen Sicherheitsabstand von 0,1 Prozent zu den Euro-Eintrittskriterien.

Je mehr Menschen jedoch arbeitslos werden, desto weniger zahlen Steuern, und um so mehr werden die Staatsfinanzen belastet. Im Haushalt 1997 hatte Finanzminister Theo Waigel nur mit 3,9 Millionen Arbeitslosen gerechnet und dementsprechend knapp kalkuliert. Allein 100.000 Arbeitslose mehr belasten jedoch den Etat mit rund drei Milliarden Mark zusätzlich. Tietmeyer sieht den Sicherheitsabstand zu den drei Prozent des Maastricht-Vertrags schwinden. ufo

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen