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Hartnäckiger Heldenhelfer

■ Seit fünf Jahren nervt ein Bremer Bürger die Polizei mit seinen Spenden Hilfsbereitschaft kapituliert

Echte Helden sind rar. Gleiches gilt für echte Heldenhelfer. Bremen hat beides – zum Kummer der Polizei. Die will ihren ganz speziellen Freund und Helfer, den selbsternannten Heldenhelfer Günther N., schon seit Jahr und Tag loswerden. Vergeblich.

Aus Sicht der Polizei begann die Geschichte 1992 mit kleinen Zeitungsinseraten: Sicherheit – Dankbarkeit, werde Sponsor unserer tapferen Polizei-Helden, Spenden bitte an – Sonderfond Schutzpolizei Konto 1070115000, Bremer Landesbank. So stand es in verschiedenen Bremer Zeitungen. Polizeiliche Ermittlungen ergaben: „Diese Anzeigen schaltet ein Schwachhauser Bürger, der es sicher gut mit unserer Firma meint“. Das seufzt Präsidiumssprecher Volker Scharff jedenfalls auf Nachfrage. Denn dem altgedienten Polizisten macht das Thema Spendenaufruf für die Polizei keine Freude. „Die Ausstattung der Polizei ist schließlich eine staatliche Aufgabe“, sagt er. Nicht nur, daß eine Privatisierung der Polizei politisch geregelt werden müsse; wer wolle schließlich mit Sponsoren darüber diskutieren, in welche Waffen das Geld gesteckt werden soll? Auch rücke dieser Spendenaufruf die Truppe doch in die gefährliche Nähe von Bedürftigkeit – und vor allem das sei ein sehr zweischneidiges Schwert.

Vor Jahr und Tag hat die Polizei den Aufruf deshalb bereits zur Chefsache gemacht. „Selbst der Polizeipräsident hat den Herrn gebeten, seine Inserate zu unterlassen.“ Doch der Helferwille des Mannes blieb ungebrochen. Auch eine polizeiliche Intervention bei den Bremer Printmedien legte dem braven Bürger sein Handwerk nicht. Erst vor zwei Wochen inserierte der Heldenhelfer erneut im Weser-Report. „Schon wieder?“, stöhnt Scharff. „Die vom Weser-Report lassen auch nicht recht mit sich reden“. Das Blatt fördere das unerwünschte Treiben des braven Bürgers, indem es dessen Spendenaufrufe immer wieder abdrucke.

„Warum auch nicht?“, lacht die Leiterin der Anzeigenannahme. „Wir haben das Konto doch überprüft. Die Überweisungen kommen dem Land Bremen zugute.“ Da gebe es keinen Grund, sich das Geschäft zu vermasseln. „Der Herr zahlt schließlich jedesmal zehn Mark für die Kleinanzeige“.

Daß der Herr in Wahrheit noch viel mehr für die 1.400 Bremer Schupos aufbringt, weiß allein Polizeisprecher Scharff. „Knapp 7.000 Mark hat allein dieser Herr an uns überwiesen“, sagt er. Denn tatsächlich handele es sich bei der angegebenen Kontonummer um die der Hauptkasse des Landes Bremen. Und tatsächlich existiert dort ein Sonderkonto Schutzpolizei, dem entsprechend vermerkte Überweisungen gutgeschrieben werden – nur nicht die jenes unerwünschten Gönners. Dessen Einzahlungen landen mittlerweile – wie künftige weitere auch – auf einem Sonderkonto. Zu diesem Mittel habe die Behörde gegriffen, nachdem der Mann jede Rückzahlung verweigert hatte. „Wir wollen das Geld dieses Herrn nicht“, sagt Scharff. In diesem Punkt stehten sich Helden und Heldenhelfer gleichermaßen unnachgiebig gegenüber.

Trotzdem fließt durch Günther N.'s Initiative Geld an die Polizei. Wieviel, weiß niemand. Nur eines ist klar: In den letzten fünf Jahren gingen knapp 50.000 Mark zugunsten der Schupos auf deren „Sonderkonto“ ein. Das Geld werde nach festen Kriterien, meist zugunsten von in Not geratenen Schutzpolizisten verwendet, erklärt Volker Scharff. „Aber bei Einzahlungen können wir nur die Absender erkennen.“ Ob darunter auch Menschen sind, die dem Heldenhelferaufruf von Günther N. gefolgt sind, sei unbekannt. „Zumeist sind es wohl Bürger, die der Polizei dankbar sind, weil wir ihnen geholfen haben“, schätzt Scharff. Daß Heldenhelfer Günther N. selbst zu diesem Personenkreis zählt, schließt Volker Scharff eher aus. Nach seiner Auskunft ist „der Herr eher etwas komisch“. Ob das wirklich so ist, muß der Öffentlichkeit vorerst verborgen bleiben. Denn die Telekom erteilt nur die Auskunft, daß Günther N. im Dezember verzogen ist. ede

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