piwik no script img

Polizeischutz für PDS-Politiker

■ Auch nach Attentat lehnt Schönbohm Runden Tisch ab

Polizeischutz für PDS-Politiker, verstärkte Sicherheitsvorkehrungen in PDS-Geschäftsstellen und das Heraufbeschwören Weimarer Verhältnisse seitens der CDU – das sind die Folgen des vermutlich als Racheakt Rechter gedachten Anschlags auf einen Buchhändler am Mittwoch vor dem Wahlkreisbüro des Chefs der PDS-Bundestagsgruppe, Gregor Gysi.

Während die Ermittler gestern noch keine Spur des Täters hatten, warnte die CDU vor Weimarer Verhältnissen. „Wir werden nicht zulassen, daß, wie damals, Kommunisten gegen Nazis auf der Straße kämpfen“, erklärte der CDU-Fraktionsvorsitzende, Klaus Landowsky. Der innenpolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen wies diesen Vergleich zurück: „Straßenschlachtbilder zwischen SA und Rotfrontkämpferbund an die Wand zu malen“, so Wolfgang Wieland, sei „maßlos übersteigert“ und entspreche nicht der historischen Dimension. Das Attentat solle vielmehr „Veranlassung sein, das parteipolitische Ausschlachten der Vorgänge von Hellersdorf und Marzahn zu beenden“. Bei einer besseren Strategie der Polizei, so Wieland weiter, hätte das Attentat verhindert werden können.

Wieland forderte Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) auf, eine „Politik des Augenmaßes und der Deeskalation“ zu betreiben. Die Grünen kündigten an, im Innenausschuß am Montag einen „Fragenkatalog“ zur Vorbereitung der Demonstration am vergangenen Samstag in Hellersdorf zu stellen, um „Aufklärung über die Versäumnisse der Polizei“ zu erhalten.

Innensenator Schönbohm verurteilte gestern zwar das Attentat als „feigen Mordanschlag“. Die Einladung zur Teilnahme am Runden Tisch, zu dem der PDS-Bezirksbürgermeister von Hellersdorf, Jörg Klett, für kommenden Dienstag eingeladen hat, lehnt er jedoch weiterhin ab. Statt dessen ruft Schönbohm alle Bürger auf, „mitzuhelfen, die Gewaltspirale zu durchbrechen“. Die Polizei allein könne heimtückische Mordanschläge nicht verhindern.

Senatssprecher Butz kündigte gestern „konsequentes Handeln“ an. Berlin dürfe nicht zum „Tummel- und Aufmarschplatz radikaler Fanatiker werden, die auch Blutvergießen nicht scheuten“.

Die PDS-Landesvorsitzende Petra Pau, die wie Gysi und Klett mittlerweile unter Polizeischutz steht, bezeichnete Schönbohm als „Sicherheitsrisiko für die Stadt“. Pau zeigte sich „erschrocken“ darüber, daß Schönbohm nach wie vor „einen Privatkrieg“ gegen die PDS führt, statt sich „politisch zu der Demonstration zu äußern“. Auch Gregor Gysi zeigte sich besorgt über eine Eskalation der Gewalt. Wie Gysi wies auch das „antifaschistische Infoblatt“ auf Drohungen hin, die vom Info-Telefon der „Jungen Nationalen“ verbreitet würden. Dem Blatt zufolge erhielt eine antifaschistische Jugendgruppe eine Morddrohung. Die PDS rief für gestern nachmittag zu einer Mahnwache in Marzahn auf. Barbara Bollwahn

Siehe auch Reportage Seite 5

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen