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Geduld und Ehrgeiz

Erwachsene halten sich raus: „Auf's Maul“, ein kurzer Film von und mit Jugendlichen  ■ Von Barbora Paluskova

Ein Umzugskarton fliegt die Treppe runter. Das fängt ja gut an, überlegt Mustafa. Er ist gerade mit seiner Schwester ins Schanzenviertel gezogen und würde gerne ein paar Leute kennenlernen, aber der Junge von nebenan scheint nicht gerade sein bester Freund zu werden. Sonst hätte er ihn nicht so fies angerempelt. Jetzt liegen Mustafas Klamotten im Treppenhaus herum, und er ahnt, daß ihm noch einiges bevorsteht, bevor er neue Freunde findet.

So beginnt der Film Auf's Maul, so oder ähnlich könnte es auch „in echt“ passiert sein. Auf's Maul haben etwa 15 Jugendliche zusammen mit Sozialarbeitern der Jungen Volkshochschule (JVHS), des Freien Kinder- und Stadtteilzentrums (KIZ) in der Bartelsstraße und des Eimsbüttler Café Eins produziert. „Wir stellten den Kids nur eine Bedingung: Der Film muß euch betreffen“, sagt Anette Mohr vom KIZ. „Science Fiction, Piratengeschichten oder Karate-Action hätten keinen Sinn gemacht.“ Es war das dritte Filmprojekt dieser Art im Schanzenviertel, aber während an den beiden ersten Produktionen hauptsächlich ältere Jugendliche beteiligt waren, ist Auf's Maul die Arbeit einer Gruppe von 12- bis 15-jährigen Jungs und einem Mädchen. Das sei nicht geplant gewesen, aber die „Kleinen“ hätten sich einfach dazwischengedrängelt und gesagt, „jetzt sind wir auch mal dran“. Die Gruppe war offen: Neben sechs Schauspielern, einem Ton- und einem Kameramann haben etwa sieben weitere Jugendliche bei Drehbuch und Technik mitgewirkt – mehr oder weniger kontinuierlich.

Zum Thema „was uns betrifft“ fiel den Teens als erstes das Stichwort „Mafia“ ein. Jacken abziehen, Prügel austeilen und einstecken – die Prioritäten lagen auf der Hand. Und weil es ein richtiger Spielfilm und kein moralischer Problemstreifen zum Thema Jugendgewalt werden sollte, mußte auch ein Mord drin sein. So entstand die Geschichte von Mustafa, dem Neuen im Viertel, der zwei Mutproben bestehen muß, um in eine Gang aufgenommen zu werden. Der Boß der Gang wird von einem superfiesen Bösewicht bedroht, gegen den Mustafa schließlich kämpfen muß.

Um das 15-Minuten-Werk fertigzustellen, brauchten die Jungfilmer vier Tage fürs Drehbuchschreiben, drei Wochenenden zum Drehen und zwei weitere zum Schneiden. „Zuerst waren die Jungs enttäuscht, welchen Aufwand man treiben muß, um einen so kurzen Film zu machen“, erklärt Frank Hasenbein von der JVHS. „Aber sie waren unglaublich ehrgeizig. Es gab Szenen, die zehnmal geprobt werden mußten, bis sie endlich mit dem Ergebnis zufrieden waren.“

Dem Film merkt man die Vorbilder der Gang an: Jackie Chan und Al Pacino stehen ganz oben auf der Liste. Auf's Maul ist eben ein Spielfilm von und mit Jugendlichen. Es ist ihm anzusehen, daß sich die Erwachsenen rausgehalten haben. Und das war auch besser so.

Premiere: Sonntag, 23. Februar, 13 Uhr, Kino 3001

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