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Am Bahhof geht es um die Wurst

■ Experten in Aufruhr: Wo finden Wurststände und Buden ihre Bleibe auf dem neuen Bahnhofsplatz?

Es geht um die Wurst, und das auf höchster Ebene. Wirtschaftsförderer, Senatoren, Planer und Politiker zerbrechen sich den Kopf: Wo sollen die Menschen künftig in der Nähe des Bahnhofs ihren Hunger stillen? Wo Touristen Stadtpläne und andere Informationen mitnehmen? Wo frühe Pendler ihren Kaffee und ihr Brötchen im Stehen nehmen? Denn in den städtebaulichen Entwürfen für den Bahnhofsplatz sind keine Buden, Pavillons oder freistehende Kioske auf dem dann geordneten Platz vorgesehen. Und an dieser Vorgabe wollen auch alle Beteiligten bislang festhalten. Bleibt die Frage, die die Menschen bewegt: Wo gibt's dann die Wurst?

„Wir haben eine Zusage, daß wir im Bahnhofsbereich bleiben können“. sagt Martin Kiefert, Bremens Bratwurst-Mogul. Allerdings sei noch nicht genau ausgemacht, wohin der Wurststand umsiedeln solle. Seit 65 Jahren braten Kieferts Damen mit dem weißen Häubchen Würste im 14 Quadratmeter großen Pavillon, der auch schon mehrfach umgesetzt wurde. „Der Standort ist für uns sehr wichtig wegen der hohen Frequenz“, sagt der Chef.

Um einen Platz für Kiefert, Stadtbäckerei, die Kioske, Trinkhallen und die Touristen-Information zu finden, würden „Gespräche auf höchster Ebene“ geführt, sagt Hartmut Spiesecke, Sprecher von Bausenator Bernt Schulte.

Der Berliner Architekt Klaus Quick, Sieger im städtebaulichen Wettbewerb, hat den Planungsauftrag, die Kioskbetreiber in dem Gebäude des auf die Ostseite des Platzes zu verlegenden zentralen Omnibusbahnhofs (ZOB) unterzubringen. „Dann könnte man beim Warten eine Wurst essen, hätte das gestalterische Wirrwar auf dem Platz bereinigt und hätte außerdem die Geschäfte an einem Ort gebündelt“, sagt Quick. Das wäre auch fair, damit nicht der die beste Geschäftslage bekommt, der am lautesten schreit.

Wenig wahrscheinlich ist hingegen, daß die Wurst künftig aus dem Erdgeschoßfenster des geplanten Investorengebäudes gereicht wird. Denn der vom potentiellen Bauherrn Bilfinger und Berger engagierte Makler will dort 120 Mark Miete pro Quadratmeter erzielen. Bisher zahlen die Kioske eine Sondernutzungsgebühr für den öffentlichen Grund. Wie es aus Kreisen der Planer hieß, sind alle diese Gebühren allerdings unterschiedlich hoch. Es handele sich aber keinesfalls nur um symbolische Abgaben. Aber im Vergleich zu 120 Mark pro Quadratmeter sei es jetzt billig.

Bleibt also der ZOB-Neubau, den besonders die Umland-Busse des Verkehrsverbundes Bremen/Niedersachen (VBN) ansteuern: Der könnte von der Bremer Straßenbahn AG als Bauherrin hochgezogen und dann vermietet werden, nennt ein Planer die neuesten Überlegungen. „Ein Gedankenspiel, das im Raum steht“, sagt dazu BSAG-Sprecher Lemmermann. Denkbar sei aber alles.

In der Frage der Kurzzeitparkplätze, die die CDU vor dem Bahnhof gefordert hatte, sind die Planer inzwischen fündig geworden. Insgesamt 45 Stellplätze und vier Behindertenparkplätze sollen an der Bahnhofs-Westseite in der Taxianfahrt und unter Bäumen längs der Straße Beim Handelsmuseum eingerichtet werden. Auch 70 Taxi-Plätze sind inzwischen eingezeichnet, davon 20 am Nord-Eingang an der Bürgerweide. Unklar ist jedoch weiterhin, wie die Auto-Zufahrt zum Bahnhof über die Bürgerweide zu Freimarkts-Zeiten geregelt werden soll. Da bleibt wohl nur der Weg über den Bahnhofsplatz – mit einem Stopp am Wurststand. jof

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