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Luftlöcher im Verkehrshaushalt

■ Grüne kritisieren Klemanns Investitionsplanung für 1997: Zweckfremde Verteilung von Bundesmitteln und großflächige Überschreitung des Neubauetats. "Investitionen sollen entlasten, statt zu belasten"

Der Haushaltsplan der Verkehrsverwaltung für 1997 stimmt hinten und vorn nicht: Diesen Vorwurf haben gestern die grünen Abgeordneten Burkhard Müller- Schoenau und Michael Cramer erhoben. Einerseits würden Bundesmittel für Investitionen in den Schienenverkehr als konsumtive Mittel der BVG ausgegeben, erklärten sie. Andererseits seien im Haushalt von Verkehrssenator Jürgen Klemann (CDU) Projekte aufgezählt, deren Realisierung weit mehr Geld verschlinge, als überhaupt zur Verfügung steht. Die grünen Politiker stellten ein Konzept vor, wie der öffentliche Nahverkehr gleichzeitig attraktiver und billiger werden könne.

Ihre Vorwürfe belegen die Grünen mit einem genauen Blick in den Haushalt 1997, der am Freitag im Abgeordnetenhaus beschlossen werden soll. Demnach zahlt der Bund an Berlin in diesem Jahr insgesamt 388,4 Millionen Mark für Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr. Das Land Berlin allerdings investiert laut Haushaltsansatz nur 272,8 Millionen in Busse und Bahnen: ein Fehlbetrag von über 100 Millionen, der nach Auskunft der Grünen „zweckentfremdet“ als Deckung konsumtiver Ausgaben an die BVG überwiesen wird. Selbst bei Anrechnung der BVG-Investitionen von 46 Millionen bliebe ein Fehlbetrag von 70 Millionen Mark. „Das ist vielleicht noch legal, aber nicht mehr legitim“, meinte Müller- Schoenau. „Es zeigt, daß alle Senatsversprechen über die Förderung des ÖPNV nichts als Lippenbekenntnisse sind.“ Er fürchte, daß der Bund deshalb demnächst Berlin diese Gelder kürze.

Auch in einem anderen Punkt sei der Haushalt voller Luftbuchungen, kritisierten die Grünen. Nach den Ausführungen Klemanns vor dem Verkehrsausschuß ständen bis 2000 insgesamt 1,068 Milliarden Mark für Investitionen zur Verfügung. Wenn man aber die als „unabdingbar erachteten“ Projekte (neun Straßenbahnprojekte, den Neubau von U2, U3 und U5 und die Straßenbahnsanierung) zusammenrechne, komme man bereits auf 944 Millionen. Um die verbleibenden 100 Millionen Mark konkurrierten demnach Projekte zur Sanierung und Verbesserung auf den U-BahnLinien U2, U5 und U8 mit einer Summe von 658 Millionen. „Klemann muß die Investitionssumme verdoppeln oder sagen, was er streichen will“, forderte Müller-Schoenau. Seine Angst: Beim Streichen würden die Straßenbahnen zuerst betroffen, die teuren U-Bahn-Bauten aber weitergeführt.

Die Sprecherin der Verkehrsverwaltung, Petra Reetz, bestätigte die Lücke zwischen den Einnahmen durch den Bund und den Investitionen Berlins für den ÖPNV, betonte aber, die Investitionsmittel für den 97er Verkehrshaushalt seien von der Finanzverwaltung um 120 Millionen Mark gestrichen worden. Zu deutsch: Der schienengebundene ÖPNV erbringt fast die gesamte Sparleistung bei Investitionen in Klemanns Verkehrshaushalt. Außerdem seien nicht alle Projekte, die die Grünen aufführen, wirklich bis 2000 abzuschließen, die Summe für die Neubauprojekte liege also niedriger.

Eine neue Verkehrspolitik forderte Michael Cramer: „Investitonen sollten den Haushalt entlasten und nicht belasten.“ So erbringe der Vorrang der Straßenbahnen an Ampeln eine einmalige Einsparung von 143 Millionen Mark und jährlich weitere 8 Millionen. Die Ausweitung des Busspurnetzes auf die seit 1992 versprochenen 350 Kilometer bringe 125 Millionen Minderausgaben pro Jahr. Die flächendeckende Parkraumbewirtschaftung im inneren S-Bahn-Ring spüle dagegen mindestens 100 Millionen jährlich in die öffentlichen Kassen. Sparen könne man auch an den Betriebskosten: Diese seien für die Tram nur halb so hoch wie für die U-Bahn.

Schließlich müsse der Neubau von Straßenbahnen und die Straßensanierung dem U-Bahn-Neubau und dem Straßenneubau auch deshalb vorgezogen werden, weil sie jeweils das Vierfache an Arbeitsplätzen schafften. Bernhard Pötter

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