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Schafklon Dolly sorgt für weltweiten Wirbel

■ Während die US-Regierung die ethischen Auswirkungen der Klonierung überprüfen läßt, erwacht schon das wirtschaftliche Interesse der Gentech-Branche

Berlin (taz) – Das geklonte Schaf Dolly am schottischen Roslin-Institut sorgt für weltweite Aufregung. US-Präsident Bill Clinton beauftragte die nationale Ethikkommission, die ethischen und juristischen Folgen des Tierexperiments zu prüfen. Damit war es erstmals gelungen, von einem erwachsenen Säugetier einen jüngeren genetischen Zwilling herzustellen. Clinton befürchtet, daß diese Technik zum Klonen menschlicher Embryonen eingesetzt werden könnte. Den staatlich unterstützten Forschungsinstituten in den USA ist zwar untersagt, Experimente mit menschlichen Embryonen durchzuführen – ein Verbot für private Einrichtungen existiert jedoch nicht.

Ganz anders sehen die derzeitigen Regelungen in den meisten europäischen Staaten aus. Sowohl in Großbritannien als auch in Deutschland ist das Vervielfachen von Menschen untersagt. Hierzulande ist das Klonierungsverbot im Embryonenschutzgesetz festgeschrieben. Keinerlei gesetzliche Einschränkungen existieren hingegen für Versuche mit Tieren. „Auch das Tierschutzgesetz greift nicht“, erklärt Jochen Prinz vom Deutschen Tierschutzbund. „Selbst wenn aus dem Klonierungsexperiment mißgestaltete Tiere hervorgehen sollten, könnten die Versuche nicht untersagt werden.“ Es gebe zwar einen Paragraphen, der die sogenannte Qualzucht verbiete, aber Wissenschaft und Forschung seien ausdrücklich davon ausgenommen.

„Wir hätten nie daran gedacht, unser Verfahren zum Klonieren von Menschen anzuwenden“, versuchen die Forscher aus Edinburgh die Öffentlichkeit zu beruhigen. Ausschließen können die Forscher die Anwendung am Menschen jedoch nicht. Prinzipiell ist die Methode bei allen Säugetieren anwendbar. „Das Erschreckende ist, daß die neuen Reproduktionstechniken, künstliche Befruchtung zum Beispiel, bei Menschen sogar noch einfacher durchzuführen sind als bei den Labortieren Maus und Ratte“, meint Horst Spielmann, Mitglied bei der Ethikkommission für Reproduktionsmedizin der Berliner Ärztekammer. Ob das auch für die neue Klonierungsmethode zutrifft, bleibt abzuwarten.

Es ist durchaus davon auszugehen, daß trotz Embryonenschutzgesetz menschliche Zellen mit dieser Methode kloniert werden. Es spricht nämlich nichts dagegen, daß zum Beispiel menschliche Körperzellen zur Retortenherstellung von Gewebe oder zukünftig sogar Organen genutzt werden. Mit dem neuen Verfahren würde es dann bedeutend leichter fallen, die Zellen genetisch zu manipulieren.

Die kommerzielle Verwertung der neuen Klontechnik wird das Edinburgher Unternehmen Parmaceutical Proteins Ltd. (PPL) übernehmen. PPL finanzierte die Arbeiten am Roslin-Institut. Die rund 120 PPL-Mitarbeiter haben sich auf die Herstellung von Pharmazeutika mit Hilfe von genmanipulierten Tieren spezialisiert. Ein erstes von PPL entwickeltes Medikament befindet sich derzeit in der klinischen Prüfung. Produziert wird es von einer kleinen Herde Schafe, die – noch mit der „herkömmlichen“ Methode – so genmanipuliert wurden, daß sie mit ihrer Milch ein menschliches Protein ausscheiden. Damit sollen Patienten behandelt werden, die an der vererbbaren Lungenkrankheit Cystische Fibrose leiden. PLL will jetzt die neue Methode nutzen, um die bisher sehr unsichere Methode zur Manipulation von Tieren zu verfeinern. So soll es jetzt möglich sein, Gene viel gezielter in die Zellen einzubauen. Daß diese Methode sicherer ist, davon ist auch Professor Heiner Niemann vom Institut für Tierzucht in Mariensee, einer Außenstelle der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL), überzeugt. Niemann arbeitet ebenfalls mit transgenen Schafen, die mit der Milch den menschlichen Blutgerinnungsfaktor VIII ausscheiden. Der Tiergenetiker hofft, demnächst selbst mit noch entwicklungsfähigen, sogenannten totipotenten Körperzellen arbeiten zu können.

Die Patentrechte liegen erst einmal bei dem Biotech-Unternehmen PPL, das als erstes einen Patentantrag eingereicht hat, berichtet die britische Presse. „Bei uns liegt zwar noch keine Patentanmeldung vor“, meint Rainer Osterwalder, Pressesprecher beim Europäischen Patentamt in München, „aber das hat nichts zu sagen.“ Es reiche aus, daß der Antrag bei einem der nationalen Patentämter eingereicht werde, „dann hat der Anmelder noch ein Jahr Zeit, sich zu überlegen, in welchen anderen Staaten er die Verwertungsrechte für seine Erfindung schützen lassen will“, sagt der EPA-Sprecher. Wolfgang Löhr

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