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Unmoralisches Angebot

■ Sechs Mark ist der Stadt ein Quadratmeter Altenwerder wert

Auf Hochtouren bereitet die Stadt die Versenkung des Süderelberaums vor. Im Stadtteil Moorburg, der mittelfristig der Hafenerweiterung geopfert werden soll, konnte es sich Finanzsenator Ortwin Runde (SPD) trotz schwindsüchtigen Stadtsäckels leisten, allein im Januar knapp 14.000 Quadratmeter bebaute Grundstücke für 1,5 Millionen Mark aufzukaufen.

Weitere „konkrete Kaufverhandlungen“ würden derzeit mit Moorburger GrundeigentümerInnen geführt, bestätigte der Senat gestern. Ziel der Flächenanhäufung ist, schon jetzt Vorsorge zu tragen, daß es in einigen Jahren in Moorburg erst gar nicht zu lästigen Klagen gegen den Hafenausbau kommt wie in Altenwerder.

Dort hat die Stadt den Widerstand des Klägers Werner Boelke unterschätzt. Der weigert sich standhaft, Haus und Hof zu verkaufen. Seine Klage beschäftigt mittlerweile das Bundesverfassungsgericht. Was die Stadt nicht daran hinderte, dem Altenwerder-Bewohner im Februar „völlig inakzeptable“ Kaufangebote zu unterbreiten. Sechs Mark pro Quadratmeter, so das Schreiben der Liegenschaft vom 12. Februar, wolle man ihm für sein Grundstück zahlen. Eine Woche später korrigierte man sich: Plötzlich sollte der Quadratmeter 100 Mark wert sein. Versehentlich habe man das Grundstück zunächst nicht als höherwertiges Bauland eingestuft, erklärte die Finanzbehörde ihren großzügigen Wandel. Für Werner Boelke, dem zugleich mit Enteignung gedroht wurde, steht dagegen fest: „Mein Grundstück ist unverkäuflich.“

Loswerden will die Stadt auch das Altenwerder-Original Fischer Heinz Oestmann. Zum 30. April 1997 bzw. 31. Januar 1998 soll er sein gemietetes Haus am Dreikatendeich etappenweise räumen. „Es handelt sich um unterschiedliche Mietverhältnisse, die wir zu rechtlich zulässigen Zeitpunkten gekündigt haben“, begründet die Finanzbehörde, weshalb Oestmann und seine Familie ihr Domizil etagenweise räumen sollen.

Heike Haarhoff

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