■ München: Wo gegen die NPD-Demo protestiert wird: Faschisten schlagen oder was?
München im Dezember 1992. Etwa 100.000 Menschen protestieren mit einer Lichterkette gegen Ausländerhaß und gegen Gewalt von rechts – ein beeindruckendes Signal. Mehr als vier Jahre danach scheint eine solche Aktion nicht mehr möglich zu sein. Vor der NPD-Demo am kommenden Samstag, die über 1.000 Gegner der Wehrmacht-Ausstellung nach München holen will, können sich die Kritiker dieses Aufmarsches nicht mal auf einen gemeinsamen Ort für ihre Demonstration einigen.
Einige Autonome reagieren mit altbekanntem Ritual: Man will unbedingt dort sein, wo die Rechten auch sind – und sucht die körperliche statt der politischen Auseinandersetzung. Das Resultat: Die Polizei wird gezwungen, die genehmigte NPD-Demo zu schützen. Und die Antifa kann ihr Credo runterleiern: „Deutsche Polizisten schützen die Faschisten!“ Daß die Antifas jene Situation erst schaffen, die sie anprangern, darf bei dieser linken Selbstvergewisserung nicht stören. Und daß die Polizisten nicht nur Faschisten, sondern auch die Meinungsfreiheit schützen, geht dabei ebenfalls unter.
Die Münchner Bündnisgrünen haben in den letzten Wochen ähnlich wie manche Autonome argumentiert – aber immerhin mit einem Ziel: Sobald die NPD an einem historisch belasteten Ort wie der Feldherrnhalle demonstrieren wollte, kündigten die Grünen eine Gegenveranstaltung am gleichen Platz an. Daraufhin konnte die Münchner Ordnungsbehörde aktiv werden und der NPD vorschlagen, woanders zu demonstrieren, was diese brav akzeptiert hat.
Diese Strategie hatte Erfolg. Der jetzt gewählte Ort der rechten Demo, der Marienplatz, ist der historisch unverfänglichste in der ganzen Münchner Altstadt. Wer nun immer noch die direkte Konfrontation sucht, schreckt viele NPD-Gegner ab, die sich an einer Lichterkette beteiligen würden, aber aus Angst vor Randale am Samstag lieber zu Hause bleiben – nach dem Motto: Die Glatzen seh' ich mir lieber in der Glotze an. Daß es an einem anderen Ort, dem Platz der Opfer des Nationalsozialismus, eine Demonstration mit ausreichender Distanz zum rechten Aufmarsch gibt, droht dabei vergessen zu werden. Felix Berth
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