BND versuchte amnesty anzuwerben

■ Geheimdienst sprach ehrenamtlichen ai-Mitarbeiter an. BND-Chef Geiger antwortet auf geharnischten Protestbrief

Berlin (taz) – Amnesty international hat entschieden gegen den Versuch des Bundesnachrichtendienstes (BND) protestiert, einen ehrenamtlichen Mitarbeiter der Menschenrechtsorganisation für den Pullacher Geheimdienst anzuwerben. Die Zeitschrift ai-intern veröffentlichte jetzt einen Briefwechsel zwischen dem ai-Generalsekretär Volkmar Deile und BND- Präsident Hansjörg Geiger aus dem November letzten Jahres, aus dem der Werbeversuch der Pullacher Behörde hervorgeht.

Danach kontaktierte im September ein Angehöriger des BND, der sich als „Mitarbeiter des Amtes für Wehrkunde“ in München ausgab, den ehrenamtlichen Mitarbeiter und vereinbarte mit diesem einen Termin. Erst während des Treffens outete er sich als BND- Mann. Der Angesprochene wandte sich daraufhin an Deile. Der Generalsekretär der deutschen Sektion bezeichnet in seinem Schreiben vom 25. November den Angesprochenen als ein „aktives Mitglied, der ein Experte für einen Staat mit schweren Menschenrechtsverletzungen ist“.

Der BND-Mann habe erklärt, „mehrere Vertreter amnesty internationals hätten Beziehungen zu seinem Dienst“. Deile weist diese Aussage als Unterstellung zurück. „Eine Beziehung eines Mitarbeiters von amnesty international zum Bundesnachrichtendienst im Rahmen der Aufgaben, die dieses Mitglied bei amnesty international hat, (ist) mit der Unabhängigkeit unserer Organisation unvereinbar.“ Deile forderte BND-Präsident Geiger auf, „mir möglichst bald zu versichern, daß Mitarbeiter ihrer Dienststelle Kontaktaufnahmen wie die oben genannte vom September 1996 unterlassen werden.“

Die Antwort des BND-Präsidenten folgte prompt. Vier Tage später, am 29. November, schrieb Geiger an Deile: „Daß die Informationsgewinnung über das hier zur Rede stehende Land derzeit von außerordentlicher sicherheitspolitischer Bedeutung ist, dürfte außer Zweifel stehen.“ Das Interesse der Pullacher Behörde „begründete sich in der Expertise eines zu dieser Thematik ausgewiesenen wissenschaftlichen Mitarbeiters einer Universität“. Der Versuch, den amnesty-Mitarbeiter einzubinden, „richtete sich daher nicht gegen ihre Organisation, noch sollen unter Zuhilfenahme ihrer Organisation Informationen erlangt werden“. Als Organisation sei amnesty nicht das „Ziel einer nachrichtendienstlichen Informationsgewinnung“.

Die Kontaktaufnahme unter der Legende „Amt für Wehrkunde“ rechtfertigte Geiger mit der Aussage, „hinsichtlich der von ihnen kritisierten Vorgehensweise bitte ich zu bedenken, daß diese ganz entscheidend unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Kontaktperson gegenüber deren Lebensumfeld gewählt worden ist“. Die Kontaktperson zog es aber vor, den Vorgang der ai-Spitze zu melden. Wolfgang Gast