Eins und eins ist doch nicht zwei

■ Heute wird im Innenausschuß die Kriminalitätsstatistik 1996 vorgestellt: 594.393 Straftaten. Grüne kritisieren: "Skandalieren, um mehr Ressourcen zu verlangen"

600.000 Straftaten hatte die Gewerkschaft der Polizei (GdP) Ende vergangenen Jahres für 1996 prognostiziert. Ganz so viele sind es dann doch nicht geworden. Heute wird Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) die Polizeistatistik für vergangenes Jahr im Innenausschuß des Abgeordnetenhauses vorstellen. Danach wurden 1996 insgesamt 594.393 Straftaten verübt. Das ist ein Zuwachs von 2,3 Prozent im Vergleich zu 1995, dem Jahr, in dem Schönbohm vom höchsten Stand der registrierten Kriminalität nach der Wiedervereinigung sprach.

Die Statistik für 1996 verzeichnet Zunahmen bei einfachem Diebstahl (plus 4,1 Prozent), bei Betrugsdelikten (plus 16,9 Prozent), bei Sachbeschädigungen auf Straßen und Plätzen (plus 71,2 Prozent) sowie bei Rohheitsdelikten (plus 6 Prozent). Angestiegen sind auch die Vermögens- und Fälschungsdelikte (plus 23,3 Prozent) und die Wirtschaftsdelikte (plus 41,4 Prozent).

Weniger Straftaten dagegen wurden bei schwerem Diebstahl (minus 6,3 Prozent), Kfz-Diebstählen (minus 7,9 Prozent), Autoeinbrüchen (minus 9,9 Prozent) sowie bei Fahrraddiebstählen (minus 10 Prozent) gezählt. Die Gesamtaufklärungsquote stieg im vergangenen Jahr um 1,4 Prozent auf 44,4 Prozent. Das ist der höchste Wert seit der Wiedervereinigung. Der durch Straftaten entstandene Schaden beläuft sich auf fast 1,9 Milliarden Mark.

Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 164.563 Tatverdächtige ermittelt. Weil die Statistik immer noch Straftaten einschließt, die nur von Nichtdeutschen begangen werden können – Verstöße gegen das Asylbewerberleistungsgesetz und gegen das Aufenthaltsrecht –, fällt der Anteil der Nichtdeutschen an den Tatverdächtigen mit 33,1 Prozent hoch aus. Von den knapp 55.000 nichtdeutschen Tatverdächtigen waren jedoch fast ein Fünftel illegal in der Stadt.

Wenn Innensenator Schönbohm heute die Zahlen präsentiert, erwartet der rechtspolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Norbert Schellberg, wie jedes Jahr eine kontroverse Diskussion um das Entstehen solch einer Statistik. Schellberg kritisiert, daß die Polizei mit dem Einsatz von Sondergruppen wie die gegen Graffiti „Superaufklärungsquoten bei Sachbeschädigungen im 90er Bereich“ erreiche, die dazu verwendet würden, die Gesamtkriminalität in die Höhe zu treiben. „Da wird skandaliert, um mehr Ressourcen zu verlangen“, so Schellberg. In anderen Bereichen, wie bei Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz dagegen, gäbe es „ein riesengroßes Dunkelfeld“.

Weiterhin kritisiert Schellberg das Aufführen von Straftaten in der Statistik, die nur von Nichtdeutschen begangen werden können. Das produziere ein „Zerrbild, mit dem Politik gemacht wird“. Wenn man den Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger aus der Statistik herausnähme, so Schellberg weiter, „ist die ausländische Bevölkerung wahrscheinlich rechtstreuer als die Deutschen“. Barbara Bollwahn