piwik no script img

So ist kein Staat zu machen

Angriff auf das grüne Programm: GAL-Linke will den „staatstragenden“und „neoliberalen“Realos die Wahlkampf-Tour vermasseln  ■ Von Silke Mertins

Keine Verhinderungsthemen, kein „Knackpunkte-Katalog“, sondern „positive Projekte“: So soll der GALische Wahlkampf nach den Vorstellungen der designierten grünen Spitzenkandidatin Krista Sager und ihrer Realo-Anhängerschaft aussehen. Vom „neoliberalen Zeitgeist geprägt“, Glorifizierung „rot-grüner Reformpolitik“und einen „Kult der Bescheidenheit“nennt das die GAL-Linke.

Mit einem elfseitigen Alternativpapier zum Wahlprogramm soll einer a„rot-grün fixierten“und „staatstragenden“Politik auf dem Parteitag am 15. und 16. März der Kampf angesagt werden. Entworfen wurde das aufständische Schreiben von der Gruppe „ZAS“(Zwischen allen Stühlen), zu der prominente Rathaus-Linke wie Susanne Uhl, Norbert Hackbusch, Andreas Bachmann, Holger Matthews und Antje Möller gehören.

Sie wollen „grüne Entwürfe für den Bürgerschaftswahlkampf daran messen“, ob sie einen „Gegenentwurf zum neoliberalen Politickonzept“darstellen. Das, was Sager und ihr Vertrauter, Fraktions-Chef Willfried Maier, sich vorstellen, liege „unter dieser Schwelle“und sei keineswegs von „Sachzwängen eingemauert“, sondern darauf bedacht, „bürgerliches Publikum nicht zu provozieren“.

Insbesondere vor den Maierschen Vorschlägen, „Gemeinwesenarbeit“einzuführen – angelehnt an den in den USA diskutierten Kommunitarismus – und die „Exzellenzpotentiale“an den Hochschulen zu fördern, graust es der ZAS. Diese Forderungen seien „kompatibel“mit den Zielen der „Mitte-Rechts-Strömung“. Schlimmer noch: „Die anti-sozialstaatlichen Töne umschmeicheln Schichten des Bürgertums, die die GAL bisher nicht angesprochen hat.“Programme zugunsten von universitären „Exzellenzpotentialen“, die die AutorInnen als Eliteförderung verstehen, paßten „nahtlos in das Standortkonzept der SPD“.

Für die Rebellen wider einen SPD-Kuschelkurs ist klar: So ist mit uns kein Staat zu machen. Die Wiedereinführung der Straßenbahn und die Überdeckelung der A7 – Kernpunkte des Realo-Wahlprogramms – seien zu wenig. „Kein Deckel auf der Autobahn kann uns mit der Fortschreibung einer CSU-kompatiblen Abschiebepolitik versöhnen.“Rot-Grün sei nur dann „wünschbar“, wenn der Abbau von „Menschen- und BürgerInnenrechten nachhaltig gestoppt und die Handlungsmöglichkeiten für radikaldemokratische Politik vergrößert wird“.

Essentials seien deshalb für den Wahlkampf unverzichtbar. „Der vorbehaltlose Schutz der BürgerInnenrechte der Armen ist für uns ein Essential und ein kategorischer Knackpunkt – auch für die Regierungsbeteiligung.“Die „lager- und kasernenartigen Massenunterkünfte“für AsylbewerberInnen müßten aufgelöst und Abschiebehaft „vermieden“werden. Ein Antidiksriminierungsgesetz sei für Hamburg unverzichtbar.

In ihrem Papier stützt die ZAS außerdem die Landesarbeitsgemeinschaft Frauen. Die nämlich wollte im Wahlkampf männliche Gewalt zu einem Schwerpunktthema machen, wurde jedoch von Realas auf der Frauen-Vollversammlung überstimmt. Gerade in Zeiten des „roll-backs“dürfe Gewalt nicht entpolitisiert werden, so die ZAS.

Ebensowenig könne eine glaubwürdige ökologische Politik beim Ausstieg aus der Atomenergie und bei der Hafenerweiterung Altenwerder kompromißfähig sein. Das ZAS-Fazit: Im Zweifelsfall seien die Oppositionsbänke vorzuziehen. „Wir sollten daher keinen Hehl daraus machen, daß die wirksameren Beiträge der GAL voraussichlich in der Opposition“liegen werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen