: Eine Salondiskussion mit Jörg Haider
Gegen den Willen der Parteispitze trifft sich Martin Matz, Vorsitzender der Berliner FDP, mit dem rechten Populisten aus Österreich. Dazu eingeladen hat der renommierte Lions-Club ■ Aus Berlin Barbara Junge
Bisher haben nur die Nationalliberalen in der FDP das Gespräch mit dem österreichischen Rechtsaußen Jörg Haider gesucht. Heute trifft Martin Matz in Düsseldorf mit Haider zusammen. Ausgerechnet Matz, der für seine konsequente Stellung gegen nationalistische Töne bei den Freidemokraten bekannt ist. Der Berliner Landesparteivorsitzende der FDP will sich der Konfrontation stellen: „Es ist schwachsinnig, Haider totschweigen zu wollen, der hat genug Foren für seine Propaganda“, verteidigte sich Matz gegenüber der taz, „man muß ihm Paroli bieten.“ Auf Einladung des Düsseldorfer Lions- Clubs, ein weltweit agierender Zusammenschluß wirtschaftlicher Eliten, treffen Jörg Haider und Martin Matz zum Schlagabtausch aufeinander. Mehr als 100 Lions- Club-Mitglieder werden erwartet, die Veranstaltung ist aber nicht öffentlich. Geplant sind Eingangsstatements der beiden Kontrahenten von je zwanzig Minuten, anschließend wird diskutiert.
Matz hat sich vorgenommen, nicht nur Haider mit dessen hetzerischen Äußerungen zu konfrontieren, sondern auf eine ganz andere Gefahr hinzuweisen. „In den Parteien in der Bundesrepublik ist das ,Haidern‘ schon weit verbreitet“, sagte Matz gestern und bezog sich auf Äußerungen des CDU- Fraktionschefs in Berlin, der letzte Woche Zuwanderer und Rechte als „Abschaum“ bezeichnet und Menschen mit „Ratten“ in Zusammenhang gebracht hatte.
Deshalb träfe er, Matz, sich auch nicht mit Haider – wie es dargestellt worden sei –, um mit ihm Gemeinsamkeiten zu entdecken, sondern um klarzumachen, daß Haider mit dem Liberalismus nichts zu tun habe.
Matz' Alleingang gegen Haider ist umstritten: FDP-Bundesvorsitzender Wolfgang Gerhardt distanzierte sich von dieser Initiative, und auch FDP-Generalsekretär Westerwelle versuchte vergeblich, Matz von seinem Vorhaben abzubringen. Auch innerhalb des Lions-Club wächst der Widerstand gegen die Veranstaltung. Hans- Gerd Servatius, Lions-Mitglied, sagte: „Was Herr Matz machen will, ist naiv.“ Haider sei ein solch eloquenter Redner, daß man „ihm nicht noch ein weiteres Forum bieten sollte“. Servatius warnte weiter: „Wir sitzen in Deutschland auf einem Pulverfaß. Wir sollten nicht mit dem Feuer spielen.“ Andere Lions-Mitglieder gehen weiter, sie überlegen, ob sie zur Veranstaltung gehen, „um sie aufzumischen“. Matz selbst gab zu, sich auf ein riskantes Unterfangen eingelassen zu haben, und machte den Erfolg seines Konzepts von der Resonanz abhängig: „Wenn nur Haiders Provokationen beachtet werden, dann ist die Sache schiefgegangen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen