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Rat in Sachen Stasi-Belastung

■ Landesbeauftragter für Stasi-Unterlagen legt Tätigkeitsbericht vor. Amtszeit läuft aus. Die 10 Mitarbeiter starke Behörde hat ausschließlich beratende Funktion

Berlin hat bei der Aufarbeitung der Stasi-Vergangenheit im öffentlichen Dienst zumindest in Teilbereichen vorbildliche Arbeit geleistet. Dieses Fazit zog gestern der Landesbeauftragte für Stasi-Unterlagen, Martin Gutzeit, in seinem dritten Tätigkeitsbericht nach vierjähriger Amtszeit.

Insbesondere in den „sensiblen“ Ressorts Justiz und Polizei habe sich das Land „mit aller notwendigen Konsequenz“ von belasteten Beschäftigten getrennt. Von 371 DDR-Richtern und Staatsanwälten seien nur 43 Personen (15 Prozent) übernommen worden. Im Vergleich dazu würden in Brandenburg 54 Prozent der DDR-Juristen weiterbeschäftigt und in Sachsen sogar 65 Prozent. Insgesamt sind laut Gutzeit rund 5.000 von bisher mehr als 80.000 überprüften Beschäftigten des öffentlichen Dienstes Stasi-belastet. Knapp die Hälfte von ihnen wurde schon entlassen. Mehrere tausend Überprüfungsverfahren und Arbeitsgerichtsprozesse seien noch offen.

Die Bezirke seien in dieser Frage sehr unterschiedlich verfahren. In Mitte, Treptow und Weißensee seien alle Bezirksamtsmitglieder von der Gauck-Behörde überprüft worden. Friedrichshain und Hellersdorf dagegen hätten nur die Mindestanforderungen erfüllt. In den vom Senat 1993 festgelegten Mindestanforderungen muß sich auf Bezirksebene nur ein bestimmter Personenkreis gaucken lassen: Alle Bezirksamtsmitglieder vom Bürgermeister bis zum Stadtrat sowie die Beamten und Angestellten in Leitungsfunktionen und sicherheitsempfindlichen Bereichen und mit besonderem Kontakt zur Bevölkerung.

Die Zahlen, die der Landesbeauftragte gestern präsentierte, sind das Ergebnis einer Umfrage in den Verwaltungen. Mit der Überprüfung haben Gutzeit und seine neun Mitarbeiter starke Behörde nichts zu tun. Sie haben lediglich eine beratende Funktion für Behörden und DDR-Unrechtsopfer im Umgang mit der Stasi-Vergangenheit. Die Opfer reisen sogar aus Brandenburg an, weil es dort nicht so eine Stelle gibt. Die gestrige Pressekonferenz nutzte der Landesbeauftragte zu einem Hinweis in eigener Sache. Die auf fünf Jahre befristete Amtszeit seiner Behörde läuft Ende 1997 aus. „Ich halte eine Fortsetzung der Arbeit für dringend erforderlich“, plädierte Gutzeit für eine Verlängerung des Vertrages durch das Abgeordnetenhaus um weitere fünf Jahre. Die Notwendigkeit begründete der Landesbeauftragte, der zu DDR- Zeiten die SDP mitgegründet hatte, mit der ungebrochen hohen Zahl von Überprüfungsanfragen bei der Gauck-Behörde. Die Bürger und die Verwaltung, so Gutzeit, brauchten deshalb weiterhin einen Ratgeber. Plutonia Plarre

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