Die Vorschau: Realer Utopist
■ Komponist Kurt Huber spricht auf RB
„Steht alle auf, auch die Toten“, überschreibt Klaus Huber den vierten Satz seines Hauptwerkes der frühen achtziger Jahre, „Erniedrigt, geknechtet, verlassen, verachtet“, für Soli, Chor und Orchester. Das Engagement für die Unterdrückten der Welt, seine Fürsprache für die, die selbst nicht reden können, prägt seine Haltung und seine Ästhetik mit großer Kompromißlosigkeit. Am Freitag wird dem seit 1994 in Bremen lebenden Komponisten ein vierstündiger Musikabend bei Radio Bremen 2 gewidmet sein.
Huber steht es fern, sich auf seinem Ruhm auszuruhen. Im Gegenteil, die Reflexion über seinen anachronistischen Beruf angesichts der Ungerechtigkeit in der Welt bringt ihn zu immer neuem Nachdenken und Schreiben: „Zugrunde liegt der Glaube, daß Musik etwas existentiell Notwendiges ist und daß dies immer so bleiben wird, so lange wir das Prinzip Hoffnung nicht untergehen lassen, so lange der Mensch nicht verstummt“.
Radio Bremen 2 Redakteurin Marita Emigholz und Klaus Huber nennen ihr Radiogespräch „Die Erde der Menschen“. Exemplarische Werke werden zu hören sein. So das 1976/77 entstandene „Erinnere Dich an G...“. G: Gotama, Gekreuzigter, Gefolterter, Genosse, Golgatha (nach einem Text von Dorothee Sölle). Überquellende Klangbilder sind in „La Terre des Hommes“zu hören, eine Kantate im Andenken an die große jüdisch-christliche Philosophin Simone Weil.
Oder das mikrointervallige, hochsensible Streichtrio „Des Dichters Pflug“nach einem Gedicht von Ossip Mandelstam oder Ausschnitte aus dem gewaltigen Oratorium „Erniedrigt-geknechtet-verlassen-verachtet“: Ein hochkompliziertes Werk, das fünf Dirigenten beschäftigt.
Realität und Utopie sind die Pole, zwischen denen sich der Mensch Klaus Huber in seinem Werk bewegt. Den Widerspruch zwischen „neutraler“Musik und Bekenntnishaltung des Komponisten hält der weltberühmte Lehrer aus und gestaltet ihn: Zeitgenossenschaft im wahrsten Sinnde des Wortes.
Außerdem wird Klaus Huber am kommenden Montag im Bremer Lehrhaus in der Buchtstraße 11 um 19.30 im Rahmen eines Hiob-Seminars seine Komposition „Hiob 19“persönlich vorstellen. Es gibt in diesem Rahmen die Möglichkeit, mit dem Komponisten ins Gespräch zu kommen.
Ute Schalz-Laurenze
Termine mit Kurt Huber: Großer Musikabend bei Radio Bremen am Freitag, 14.3. von 19.30 bis 23.30 Uhr. Montag, 17.3. im Lehrhaus in der Buchtstr. 11: Vorstellung der Komposition „Hiob 19“. Sie beginnt um 19.30 Uhr.
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