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Hauptsache geadelt

Es hagelte Preise auf der diesjährigen Internationalen Tourismusbörse in Berlin: der Studienkreis Tourismus und Entwicklung zeichnete sozialverträgliche Projekte weltweit aus, der Verband der deutschen Reisejournalisten den Tourismusmanager Peter Zimmer, Tourismusmanager wie Peter Zimmer krönten umweltfreundliche Fremdenverkehrsorte, die Berliner Messegesellschaft touristische Marketingfilme, und last not least prämierten Tourismusmanager nebst kritischem Anhang wie jedes Jahr die schönsten Reisen mit einer goldenen Palme für die Werbeveranstaltung von Geo/Saison.

Es wird gelobt. Jeder lobt jeden. Irgendwie. Und vergibt sich gegenseitig Preise. Zielstrebig nähern wir uns einem besseren Tourismus. Vorbei die Zeiten, als sanfte Touristiker und Kritiker sich in hilflosen Anklagen gegen eine zerstörerische Tourismusindustrie ergingen. Die Weltverbesserung findet jetzt und hier statt. Sie wird ausgelobt. Heute sei man nicht mehr verliebt in Probleme, sondern in die Problemlösung, so ein Laudatio. Und so werden kleine, harmlose Neuansätze zum Messeevent hochstilisiert. Zur Selbstinszenierung der Akteure gereichen sie allemal.

Der Preisträger Peter Zimmer hat in seiner Tätigkeit als Regionalberater das Ökothema dem Markt zugeführt. Und der Tourismuskritiker Jost Krippendorfer, der einen Preis für sein wegweisendes touristisches Lebenswerk bekam, hat die Ökodiskussion im Tourismus entscheidend vorangetrieben. Heute darf jeder glauben, der Tourismus rettet mit Gütesiegeln und Umweltverträglichkeitsprüfungen die Umwelt, und auch Fremdenverkehrsdirektoren sind sich ihrer Verantwortung für die Umwelt bewußt und setzen auf Verkehrsberuhigung. Und es tut gut, erleben zu dürfen, daß sich Menschen in aller Welt den Ideen eines sozialverträglichen Tourismus verschreiben. Ein Hauch Wärme aus der armen Ferne bereichert durch den „To Do“-Wettbewerb des Studienkreises die ITB (siehe nebenstehenden Artikel). Die Preisträger tun was. Und das ist gut. Und wenn Öger-Tours mit seiner Katastrophen-Airline (Absturz vor der Dominikanischen Republik) jetzt den Preis von Geo/Saison für seine Faulenzertour bekommt, so wissen wir, auch er ist gut. Er ist rehabilitiert. Preise adeln Produkte. Sie deuten die Trendsetter unserer Reisekultur aus. Und diese Reisekultur hat die Kritik längst geschluckt: Flüge sind „schadstoffarm“, der Hotelmanager „ein Einheimischer“, und in künstlichen Welten vor der Haustür werden wir die „zerstörischen Kräfte der Massenmobilität“ bald in den Griff bekommen. Zumindest sprachlich. Wer dies bezweifelt, ist destruktiv, auf jeden Fall nicht produktiv. Optimismus ist angesagt. Das preisgekrönte Produkt ist Garant der Zukunft, weil es hochwertig und Teil der deutschen Tourismuskultur ist. Sie wird es schon richten. Burghoff/Kresta

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