: In Mobutus Ruinen
■ Der UNO fehlt ein Konzept für Zaires Zukunft
Jetzt ist die Zeit reif für den Wandel in Zaire. Mit der Eroberung der Regierungsbastion Kisangani haben die Rebellen der „Allianz demokratischer Kräfte für die Befreiung von Kongo/ Ex-Zaire“ (AFDL) ihre militärische Überlegenheit unter Beweis gestellt. Die zairische Regierung zerfällt.
Nun muß es darum gehen, einen halbwegs geordneten Übergang von den Ruinen Zaires zum Aufbau der von den Rebellen bereits ausgerufenen „Demokratischen Republik Kongo“ zu organisieren. Das wäre die einzige lohnende Aufgabe für den Sondervermittler der UNO, Mohamed Sahnoun. Mit jedem Tag, den er noch mit dem Beharren auf seinem längst überholten „Friedensplan“ vergeudet, wächst die Gefahr, daß Hardliner auf beiden Seiten die Oberhand gewinnen. Ein Militärputsch in der zairischen Hauptstadt Kinshasa ist ebenso denkbar wie eine Abkehr der AFDL von ihrer bisherigen Bereitschaft zu Gesprächen mit dem Mobutu-Regime über eine friedliche Machtübergabe.
Was sonst, wenn nicht die friedliche Übergabe der Macht von Mobutu und seinen Alliierten an eine demokratisch legitimierte Nachfolgeregierung, kann das Ziel ausländischer Diplomatie in Zaire sein? Nur darum ging es doch in den letzten Jahren, als der Westen versuchte, Mobutu zu einer Demokratisierung und zu freien Wahlen zu drängen. Aber nun hat der Vormarsch einer bewaffneten Rebellenbewegung, die sich genau diese Ziele auf die Fahnen geschrieben hat, das Ausland überrumpelt und gelähmt. Aus Frankreich ist ein beleidigter und paranoider Reflex gekommen, der die AFDL als Marionette einer finsteren angelsächsischen Verschwörung ansieht und daher Mobutu als das kleinere Übel favorisiert. Und kein europäisches Land hat es bisher gewagt, dem etwas entgegenzusetzen.
Lobenswerterweise hat die EU vor wenigen Tagen den französischen Vorschlag einer humanitär getarnten Militärintervention abgelehnt. Vielleicht schafft es ja jetzt der eine oder andere UN-Mitgliedsstaat, die unheilige Allianz aus französischer Großmachtpolitik, zairischer Diktatur, ruandischen Völkermördern und serbischen Söldnern auch einmal öffentlich zu kritisieren. Für ein bißchen Ehrlichkeit müßte auch die deutsche Diplomatie ein wenig Verstimmung in Paris in Kauf nehmen können. Dominic Johnson
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