: Oppositionsführer fordert Albaner zum Bleiben auf
■ Lage in Tirana weitgehend normalisiert. Bonn gegen Aufnahme von Flüchtlingen
Tirana (AP/dpa) – Der albanische Oppositionsführer Fatos Nano will das Vertrauen seiner Landsleute in die staatliche Ordnung wiederherstellen und einen weiteren Exodus von Albanern ins benachbarte Ausland verhindern. In der albanischen Hauptstadt Tirana sagte der Vorsitzende der Sozialistischen Partei gestern, er wolle so schnell wie möglich in den Süden des Landes reisen, um die Aufständischen zum Niederlegen der Waffen zu bewegen. An ausreisewillige Albaner appellierte Nano, im Lande zu bleiben.
Mit seinem Entschluß zu bleiben wolle er ein Zeichen setzen, sagte Nano. Alle, die ihm vertrauten, fordere er auf, im Lande zu bleiben und die neue Übergangsregierung seines Parteifreundes Bashkim Fino zu unterstützen. Präsident Sali Berisha erklärte in einem Interview mit dem französischen Sender Europe-1, die Lage in Albanien sei noch immer kritisch, die Gefahr eines Bürgerkriegs jedoch sehr gering.
In Tirana entspannte sich die Lage gestern weiter. Der öffentliche Verkehr funktioniert wieder, die meisten Ämter sind wieder geöffnet. Der einzige internationale Flughafen des Landes, 20 Kilometer nordwestlich Tiranas, soll nach offiziellen Angaben spätestens am Donnerstag seinen Betrieb wieder aufnehmen. Auch zahlreiche Läden wurden gestern wieder aufgemacht. Ein Regierungssprecher betonte, die Behörden seien bemüht, den Schulbetrieb wieder aufzunehmen und die staatliche Pressezensur aufzuheben.
Unterdessen reiste gestern eine Delegation der EU, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Griechenlands und der Türkei nach Tirana. Sie soll die in Apeldoorn beschlossene Entsendung von Beratern vorbereiten. Der Flüchtlingsstrom über die Adria hielt auch gestern weiter an. Insgesamt seien laut italienischen Behörden schon mehr als 5.600 Albaner über die Adria geflohen.
Bundeskanzler Helmut Kohl lehnte eine Intervention in Albanien erneut ab. Die Verantwortung für den Wiederaufbau liege „in allererster Linie bei den Albanern“, sagte Kohl gestern. Gleichzeitig sprach sich Bundesaußenminister Klaus Kinkel gegen die Aufnahme albanischer Flüchtlinge in Deutschland aus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen