: Gebt die Mark aus, der Euro kommt
■ Finanzminister Waigel rückt von der strikten Auslegung des Maastricht-Vertrags ab. Erleichtert billigen die europäischen Finanzminister sein Konvergenzprogramm, obwohl der deutsche Schuldenstand zu hoch ist
Brüssel (taz) – Die Bundesregierung ist auf dem besten Weg zum Euro. Finanzminister Theo Waigel hat gestern in Brüssel einen Konvergenzbericht vorgelegt, der vor allem ein Abrücken von der strikten Auslegung der Euro-Kriterien signalisiert. Deutlich wie nie zuvor ließ Waigel durchblicken, daß die Euro-Kriterien auch dann noch erfüllt sind, wenn Haushaltsdefizit und öffentliche Verschuldung über den im Maastricht-Vertrag genannten Grenzwerten liegen. Bei der Verschuldung geht der Finanzminister davon aus, daß Deutschland die im Vertrag festgelegte Marke von 60 Prozent des Bruttoinlandproduktes um mindestens 1,5 Prozent verfehlen wird. Damit ist klar, daß die Aufnahmebedingungen zur Währungsunion so ausgelegt werden, wie sie auch im Vertrag von Maastricht stehen: Die Kriterien gelten auch dann als erfüllt, wenn sich Haushaltsdefizit und Schuldenstand den vorgegebenen Prozentmarken ausreichend annähern.
Die Finanzminister der 14 anderen EU- Länder begrüßten den Bericht und beeilten sich, die besonderen Schwierigkeiten Deutschlands aufgrund der deutschen Vereinigung hervorzuheben. Das bedeutet nichts anderes, als daß sie Deutschland im nächsten Jahr auch dann die Euro- Tauglichkeit bescheinigen wollen, wenn die Kriterien knapp verfehlt werden. Denn das würde auch anderen Regierungen gelegen kommen, die ebenfalls Schwierigkeiten haben, aber bisher nicht auf deutsches Verständnis hoffen konnten. Nach dem Konvergenzbericht wird Deutschland in diesem Jahr ein Haushaltsdefizit von unter drei Prozent erreichen, jedoch nur unter der kühnen Annahme eines realen Wachstums von 2,5 Prozent und stark sinkender Arbeitslosigkeit. Die führenden deutschen Wirtschaftsinstitute prognostizieren jedoch ein deutlich geringeres Wachstum und damit ein höheres Haushaltsdefizit. Alois Berger
Tagesthema Seite 3
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