Das Portrait: Frankreichs Afrika-Großmeister
■ Jacques Foccart
Er galt als Inkarnation des französischen Strebens, in Afrika ein Stückchen Erde zu besitzen, auf dem La France immer Weltmacht bleibt. Jacques Foccart, Afrika-Berater von General de Gaulle und Inspirator der gesamten neueren französischen Afrika-Politik, ist gestern in Paris im Alter von 83 Jahren gestorben.
Seine Karriere begann früh. Mit 26 Jahren stieß der am 31. August 1913 geborene Abkömmling einer Elsässer Familie zur Résistance, und zu Kriegsende 1945 war er bereits Oberstleutnant. Mitbegründer der gaullistischen „Sammlung des französischen Volkes“ (RPF), aus der die heutige Regierungspartei RPR von Jacques Chirac hervorging, organisierte er die ersten Afrika-Reisen von General de Gaulle. Die enge Beziehung zwischen dem Nationalhelden und dem Parteiorganisator vertiefte sich, als 1959 Charles de Gaulles Bruder Pierre in Foccarts Gegenwart an einem Herzinfarkt starb. Von da an waren de Gaulle und Foccart unzertrennlich, und es war Foccart, der in Afrika die großen gaullistischen Träume der Nachkolonialzeit umzusetzen suchte. Bei der Realisierung des grandiosen, nie abgeschlossenen Projekts eines politisch unabhängigen, aber mit dem Herzen an Frankreich gebundenen Afrika war de Gaulle der Denker – und Foccart der Praktiker. In der Ära der ersten afrikanischen Militärputsche nach 1963 entschied Jacques Foccart, verstorbener Drahtzieher der Pariser Afrika-PolitikFoto: rtr
er in Ländern wie Gabun oder Obervolta über die Ein- und Absetzung von Staatschefs per französischer Intervention; von da an datiert sein Ruf als derjenige, der über das Schicksal ganzer Länder entscheidet. Gerade als Mythos, dessen Kraft nur selten praktisch unter Beweis gestellt werden mußte, war dieser Status von immenser Bedeutung – auch als Foccart längst pensioniert war.
Foccarts Afrika war „eine große Familie“, schrieb einst der Journalist Francis Kpatindé, „ein Afrika, wo der Wunsch nach Unterwerfung stärker ist als der nach Eigenständigkeit“. Eine ganze Generation französischer Afrika-Politiker hat sich diese Mentalität zu eigen gemacht. Es ist eine Politik, die wohl erst mit dem Dahinschwinden ihrer Vertreter zu Grabe getragen werden kann. Vielleicht wird jetzt, wo Frankreich mit seinem Festhalten an Mobutu in Zaire als Garant der Frankophonie in Afrika weltweit isoliert dasteht, der Tod Foccarts den notwendigen Anstoß für ein Umdenken geben. Dominic Johnson
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