: „Unsere Politiker sind ihr Geld nicht wert“
■ Klaus Weichhaus, Unternehmer, beginnt heute in Ketzin seinen langen Marsch nach Bonn
taz: Sie wollen „für Deutschland“ quer durch die Republik marschieren, um ein echtes „Wir- Gefühl“ zum Bundeskanzler zu tragen. Verbirgt sich hinter Ihrer Tour etwas anderes außer einem Werbegag für Ihre Firma?
Klaus Weichhaus: Wir Bürger können ohne die regierenden Politiker leben. Aber sie können ohne uns Bürger nicht sein. Das möchte ich drastisch bekanntmachen.
Macht sich da ein politikmüder Unternehmer auf den Weg?
Der Fisch fängt immer vom Kopf her an zu stinken. Und der Obermacher in Bonn heißt Helmut Kohl. Es geht mir darum, daß die gesamte Kaste der Politiker, die sich wie die neuen Aristokraten aufführen, sich gar nicht mehr vorstellen können, wie es unten und im Mittelstand aussieht.
Möchten Sie als Kohlhaas der kleinen Leute gesehen werden?
Nein, ich betreue nur viele Selbständige, die durch Gesetze und Knebelverträge von Kredithaien ruiniert werden. Kein Politiker kümmert sich um sie.
Wie werden Sie die drei Monate Ihrer Wanderung verbringen?
Ich stelle mich auf Marktplätze. Auf meiner Kopfbinde wird stehen: Protestmarsch zum Bundeskanzleramt. Ich werde Plakate aufrollen, über Wirtschaftskriminalität und die Verschleuderung von Subventionsgeldern reden. Wetten, daß ich mit mehreren tausend Leuten in Bonn ankomme?
Die Stahlarbeiter scheinen Sie beflügelt zu haben.
Sicher, außerdem bin ich selber Opfer von Wirtschaftskriminellen. In meinem Büro liegen mehrere geplatzte Schecks über Hunderttausende von Mark. Ich betreue viele kleine Selbständige, die auch durch das Finanzamt kaputtgemacht wurden. Ich finde, das geht so nicht weiter.
Würde eine etablierte Partei Ihr Anliegen nicht besser vertreten?
Ich habe bei den Grünen mitgemacht, bei der SPD und der CDU. Es gibt keine Partei, in der ich mich zu Hause fühlen würde. Es ist doch so: Alle Leute gehen mit den schönsten Ideen in die Politik. Einmal in der Bundestagsmühle drin, passen sich alle an, selbst die Grünen. Der Bundestag ist doch ein einziger Intrigenhaufen.
Helmut Kohl soll Sie doch empfangen. Verlassen Sie sich etwa doch auf die Politik?
Ich will zu dem Macher der Politik – egal, ob der Kohl oder Schröder heißt. Jedenfalls will ich mir nicht länger nachsagen lassen, wir seien ein faules Volk. Dabei ist es doch so, daß Politiker eine Menge von uns bekommen, was sie nicht wert sind. Interview: Annette Rogalla
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