: Seilschaften auf dem Prüfstand
Filz-Vorwürfe gegen das Vergabeverfahren für die Projektplanung des neuen Flughafens Schönefeld. Aufsichtsrat will morgen entscheiden ■ Von Barbara Junge
Morgen steht die weitere Planung des Flughafens Schönefeld auf der Tagesordnung des Aufsichtsrats der Berlin Brandenburg Flughafen Holding (BBF). Durch eine Veröffentlichung des Tagesspiegels war einer der Bewerber um die Gesamtplanung, die Ingenieurgesellschaft WIB des Herbert Märtin, in die Kritik geraten. Zwei ehemalige Geschäftsführer der Holding hatten Märtin Täuschung bei einer früheren Auftragsvergabe und eine damit verbundene versteckte Protegierung eines Sohns von Justizsenatorin Lore- Maria Peschel-Gutzeit (SPD), ihrerseits Aufsichtsratsmitglied der Holding, vorgeworfen. Gegenüber der taz bekräftigte Ex-Geschäftsführer Hans-Henning Romberg die Vorwürfe gegen Märtin. WIB- Gesellschafter Märtin ist zugleich Berater des BBF-Geschäftsführers Herberg und seit Jahren als Gutachter für die Flughafen-Holding tätig. Seine Beratertätigkeit umfaßt auch die Auftragsvergabe an dritte Unternehmen.
Die Beschlußvorlage für die gesamte Projektkoordination Flughafenplanung liegt in den Panzerschränken der Aufsichtsratsmitglieder der Projektplanungsgesellschaft Schönefeld (PPS), der zuständigen Tochter der Flughafenholding. Geschäftsführer der PPS ist in Doppelfunktion der BBF- Chef Götz Herberg. Der Aufsichtsrat wollte bereits am 7. März entscheiden, Verfahrenseinsprüche eines Mitbewerbers aber verhinderten einen Beschluß.
Ob die angegriffenene Ingenieurgesellschaft WIB am Donnerstag den rund 100 Millionen Mark schweren Auftrag erhält, entscheiden die sieben Aufsichtsräte. In dem Gremium sitzen die Berliner VertreterInnen Justizsenatorin Lore-Maria Peschel-Gutzeit (SPD) und Senatskanzleichef Volker Kähne (CDU), für Brandenburg Finanzministerin Wilma Simon (SPD) und der Chef der Staatskanzlei Jürgen Linde (SPD), sowie zwei Vertreter des Bundes. Aus dem Aufsichtsratskreis ist nur zu erfahren: „Bewerber D hat das Rennen gemacht.“
Sollte Märtins WIB den Zuschlag erhalten, wird die Filz-Kritik an der BBF nicht verstummen. In einem internen PPS-Papier, so bestätigte der ehemalige BBF-Geschäftsführer Romberg, hieß es nämlich im August 1996: „Die Aufgabe der Projektkoordination soll an die WIB vergeben und so gestaltet werden, daß eine Ausschreibung nicht erforderlich ist.“ Nach Bekanntwerden dieses Papiers wurde dann doch noch die Flughafengesellschaft München mit einem Vergabeverfahren beauftragt. Aber auch bei diesem Vergabeverfahren, so die Bestätigung aus der Holding, saß wieder BBF-Geschäftsführer Götz Herberg mit am Tisch.
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