: Stühle sagen ja
■ „Die Gleich-Gültigkeit des Sichtbaren“– eine Ausstellung in der Gnadenkirche
Wackelig und gipsverbunden stehen die staksigen Stühle vor dem Altar. Unwillig nebeneinander und unbeholfen im Angesicht des grobsteinernen Opfertischs. Die verfremdeten Sitzgelegenheiten sollen sich ihr Ja-Wort geben, um sich einander gegenseitig für die Ewigkeit zu verpflichten. Und wenn es nicht bis zum Daseinsende reicht, dann war's halt eine Ehe auf Zeit. Aber wenn es klappt, dann stehen diese beiden weiß-unschuldigen Stühle für die funktionierende Liaison zwischen Kirche und Kunst – ein Symbol, zu dem der Pastor Wolfram Suhr sie in der Ausstellung Die Gleich-Gültigkeit des Sichtbaren erhöht hat.
Vor einem Jahr trat der Pastor in die Fußstapfen seines Vorgängers Hartmut Winde. Jetzt führt er die 16jährige Tradition in der Gnadenkirche im Karolinenviertel fort und holt Kunst in sein Kirchenschiff. Die Kirche stellt erstmal den Raum, und den anderen Part des Ehe-Vertrags übernehmen mit ihren hier ausgestellten Stühlen die Künstler Norbert Simon und Rainer Heckel. Denen geht es erstmal um die Kirche als alternativen Ausstellungsraum, in dessen Andersartigkeit sie ihre Objekte und Bilder aussetzen wollen. Ihre Arbeiten sollen sich in der fremden Umgebung verändern und in der 25tägigen Ausstellungszeit verschiedene Stadien undProzesse durchlaufen. Und deswegen beginnen die gipsigen Objekte und die schwarz-weißen Ölbilder Heckels zusammen mit den farb-bearbeiteten Flächen Simons im Kirchenschiff zu zirkulieren.
In der Kirche geht es aber dann doch nicht ganz ohne Kirche.
Die meldet sich nämlich jetzt ganz mit ihrer Karwoche wortreich zu Wort. Predigt, Weihrauch und andere Zeremonien, darauf will das Künstler-Duo reagieren. Und Norbert Simon stellt sich vor, wie Bilder und Objekte zu diesem Anlaß „ihre Farben und Kräfte bündeln“und den gemeinsamen Sturm auf den Altarraum wagen.
Eva Rink
„Die Gleich-Gültigkeit des Sichtbaren“, Gnadenkirche, an den Messehallen, Di-Fr 11-17 Uhr, Sa 13-17 Uhr, So 15-18 Uhr, bis zum 13. April
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