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Unübersichtlichkeit und Enge

Der BUND fordert eine Verbreiterung und bessere Beschilderung der Fahrradwege. Gut ausgebaute Velorouten sind bisher eine Seltenheit. Eine Verbesserung ist bislang nicht in Sicht  ■ Von Heike Blümner

Berlin hat viele Fahrradwege, ausreichend viele, wird oft behauptet. Eine Feststellung, die meist von Nichtfahrradfahrern gemacht wird. Wer allerdings regelmäßig in die Pedale tritt und auf das Fahrrad als Standardfortbewegungsmittel setzt, der weiß, daß die existierenden Fahrradwege gerade mal den Mindeststandard abdecken, um sich mühsam durch den großstädtischen Verkehr zu quälen. Radeln auf den Fahrradwegen der Hauptstadt bedeutet vor allem im Sommer gefährliche Enge und Unübersichtlichkeit an allen Ecken und Enden.

Veloroute heißt der Fahrradweg de Luxe, der das Fahrradfahren sicherer, schneller und somit attraktiver machen soll. Die Velorouten sollen grundsätzlich breiter, übersichtlicher und ausgeschildert sein. Derzeit gibt es jedoch lediglich eine einzige kurze Strecke von Dahlem über Schöneberg nach Kreuzberg, die diese Kriterien wenigstens teilweise erfüllt.

„Wenn ich auf einer Veloroute fahre, weiß ich, daß ich sicher bin“, erläutert Bernhard Weyrauch vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) die Intention hinter dem Ausbau der regulären Fahrradwege. Der BUND fordert, daß die wichtigsten Nord- Süd- und Ost-Westverbindungen wie beispielweise im Bezirk Mitte Unter den Linden, die Linienstraße oder die Friedrichstraße fahrradfahrerfreundlich ausgebaut werden.

Besonders wichtig ist dem BUND die Beschilderung der Strecken: „Viele Touristen, aber auch Neu-Berliner kennen sich in der Stadt nicht aus, weshalb es für sie besonders schwierig ist, sich per Fahrrad zurechtzufinden“, sagt Weyrauch. Neben der Beschilderung und Verbreiterung der Fahrradwege bis hin zu busspurartigen Fahrbahnen, fordert der BUND entweder eine Abgrenzung durch Steinpoller oder eine Tempo-30- Zone im Bereich der Velorouten. Die Steinpoller würden verhindern, daß Autos auf die Fahrradspuren ausweichen können. Ferner plädiert der BUND für den Ausbau eines fahrradfreundlichen Regierungsviertels: „Kaum jemandem ist klar, daß man bisher entlang der Spree mit dem Rad zwischen der City-West und der City- Ost hin- und herfahren kann, ohne vom Autoverkehr belästigt zu werden“, so Weyrauch.

Ganz entspannt an Autos, Lärm und Gestank vorbei durch die Berliner Innenstadtbezirke? Arild Pelz, Referatsleiter für Straßenwesen beim Verkehrssenator, findet es „äußerst wünschenswert, daß die bestehenden Fahrradwege weiter ausgebaut werden“. Und es gab auch einen Plan aus seinem Haus, Velorouten zu bauen. „Üppiger als sonst“ sollten sie sein und „eine übersichtlichere Kreuzungssituation schaffen“, so Pelz. Zwölf Routen waren geplant, insgesamt mehrere hundert Kilometer Radwege, um den Fahrradfahrer von der Stadtmitte aus „sternförmig“ ins Umland zu bringen. Der verkehrspolitisch korrekte Plan wurde dem Senat vorgelegt – und scheiterte. 150 Millionen Mark waren für das Projekt veranschlagt worden. Mittel, die in der Hauptstadt-Verkehrsplanung nicht vorgesehen waren. „Für solche Strecken ist im Momemt einfach kein Geld da“, klagt Pelz. Derzeit werde über eine Verkleinerung der Streckenabschnitte für Velorouten „nachgedacht“, sagt der Berliner Straßenexperte. Resultate des behördlichen Denkprozesses sollen im Sommer dieses Jahres vorgelegt werden.

Während der Verkehrssenator inzwischen auf komfortable Mini- Velorouten spekuliert, setzt der BUND weiter auf ein Fahrradverkehrsnetz, daß rundum verbessert werden soll. Ebenfalls im Sommer will der BUND mit seinem Konzept für ein fahrradfreundlicheres Berlin an die Öffentlichkeit gehen. Doch selbst wenn es tatsächlich zu einem Ausbau der Innenstadtrouten kommen würde: Fest steht, daß die Fahrradfahrer noch mehrere Jahre wie gehabt an den Rand der Straße gedrängt werden.

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