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Masterplaner mißachten Mahnmal

■ Das „Deportationsdenkmal“ in der Moabiter Levetzowstraße soll einem Neubaublock weichen. Heftige Proteste vom Leiter der Stiftung Topographie des Terrors und vom Bezirk Tiergarten

Der Masterplan von Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) radiert das Mahnmal für die zerstörte Synagoge im Bezirk Tiergarten aus. Anstelle des Denkmals an der Levetzowstraße, Ecke Jagowstraße sieht das „Planwerk Innenstadt“ einen Häuserblock vor, der die Freifläche mitsamt der Skulptur überbaut. An dem Gedenkort war 1988 ein Mahnmal errichtet worden, das an das jüdische Gotteshaus und an das erste, 1941 von den Nazis eingerichtete Sammelager für Deportationen von Berliner Juden erinnern soll.

Das „Deportationsdenkmal“ des Bildhauers Peter Herbrich und der Architekten Jürgen Wenzel/ Theseus Bappertz zeigt einen überdimensionierten stählernen Eisenbahnwaggon, eine stilisierte Rampe sowie eine rostige Tafel, auf der die Orte eingetragen sind, von denen aus jüdische Mitbürger in den Tod geschickt wurden.

Der unsensible Umgang der Masterplaner Fritz Neumeyer und Manfred Ortner mit einem jüdischen Gedenkort bereitet der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung erst einmal wenig Bauchschmerzen. Joachim Günther, Sprecher im Hause Strieder, bestätigte die mögliche Planung. „Vom Grundsatz her sagt das Planwerk Innenstadt, daß das Grundstück bebaubar ist.“ Die Masterplaner hätten sich gefragt, was dort realisierbar sei. Dennoch sei noch keine Entscheidung darüber gefallen, ob auf dem Standort an der Levetzowstraße ein Baublock errichtet werden soll.

Günther wies darauf hin, daß sich das Stadtforum mit dem Thema „Stadt und Denkmal“ im Herbst dieses Jahres beschäftigen wolle. Der Sprecher räumte allerdings ein, daß man mit einem solchen geschichtsträchtigen Ort von Beginn an „hätte auch anders umgehen können“.

Auf harsche Kritik dagegen stößt die Masterplanung bei Andreas Nachama, dem Geschäftsführer der Topographie des Terrors, und bei Horst Porath, dem SPD-Baustadtrat im Bezirk Tiergarten. Mit einem „Federstrich“, erklärte Nachama, „wird hier Erinnerung entsorgt“. Es sei unerträglich, wenn – auch erst nur mittels eines Entwurfs – einem derartigen Ort jüdischer Geschichte mit einem Häuserblock zu Leibe gerückt werden soll. Nachama: „Mit einer solchen Entsorgungsstrategie wird die Gedenkkultur in der Stadt fallengelassen.“ Es sei bezeichnend, daß seit 1995 – 50 Jahre nach Kriegsende – die „Sonntagsreden“ des Senats „heute nichts mehr wert sind“.

Für Baustadtrat Horst Porath bedeutet der eingezeichnete Block an der Levetzowstraße „ein Unding des Masterplans“. Eine Realisierung komme überhaupt nicht in Frage, so der Baustadtrat. „Es ist doch klar, daß man sich der historischen Bedeutung des Deportationsortes bewußt bleiben muß.“ Von hier aus seien die Moabiter Juden durch die Stadt getrieben und in die Konzentrationslager geschickt worden. Dies auslöschen zu wollen, „ist eine Geschmacklosigkeit“.

Für Porath bildet der Fauxpas nur eine von vielen „Peinlichkeiten des Masterplans“. Dies sei ein Ergebnis davon, daß sich die Planer „nicht vor Ort“ umgesehen hätten. Hätte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung beim Entwurf für das „Planwerk Innenstadt“ mit dem Bezirk zusammengearbeitet, wäre ein solches Mißgeschick nicht geschehen, erklärte Porath. Rolf Lautenschläger

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