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Umsonst arbeiten, doppelt zahlen

■ Seit Jahren vergibt die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Aufträge an eine Fremdfirma, obwohl deren Daten im hauseigenen System nicht lesbar sind

Seit Jahren gibt die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Umweltschutz und Technologie (SenSUT) erhebliche Beträge für die computertechnische Erfassung von Stadtplanungsdaten aus, die nicht mit den Systemen der Verwaltung kompatibel sind. Das bestätigte sowohl Hans Schirrmeister, Leiter der Datenverarbeitung der Verwaltung, als auch Ulrich Manske (CDU), Vorsitzender des Unterausschusses Kommunikations- und Informationstechnologie des Abgeordnetenhauses, gegenüber der taz.

Statt auf das hauseigene, für über 14 Millionen Mark beschaffte „Fachübergreifende Informationssystem“ (FIS) zurückzugreifen oder mit Nutzern kompatibler Systeme zusammenzuarbeiten, vergibt die für Stadtplanung und Gestaltung zuständige Abteilung II der Senatsverwaltung seit langem Aufträge an eine Fremdfirma. Die grafischen Daten, die anschließend geliefert werden, sind aber wertlos. Sie können im hauseigenen Rechnersystem nicht einmal gelesen werden.

Zum Beispiel beim Flächennutzungsplan (FNP): Der 1994 erstellte FNP wurde von der Firma Regioplan im Auftrag der Abteilung II digital umgesetzt. Die Daten sind jedoch nicht im grafischen System „sicad“ der Verwaltung nutzbar. Sie mußten deshalb einer weiteren Fremdfirma, dem Büro Stadt- und Regionalplanung (SRP), zur zweiten Erfassung in Auftrag gegeben und damit doppelt bezahlt werden.

SRP arbeitet im Gegensatz zu Regioplan mit einem kompatiblen System. Schon zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe muß sowohl der Verwaltung als auch der Firma Regioplan klargewesen sein: Hätte die SenSUT die Daten von Regioplan nutzen wollen, wäre der zusätzliche Ankauf des kompletten von Regioplan entwickelten Systems notwendig gewesen.

Statt der Mißwirtschaft im Hause von Senator Peter Strieder (SPD) ein Ende zu setzen, hat die Abteilung II jedoch auch die notwendig gewordenen Veränderungen im FNP (über 50 stehen nach Vorgaben des Abgeordnetenhauses an) wieder an die Firma Regioplan vergeben. Auch die Veränderungen müssen deshalb voraussichtlich doppelt erfaßt werden. Fälle wie diesen bezeichnen Mitarbeiter der Verwaltung aber nur als „Spitze des Eisbergs“.

Angesichts der wiederholten Mittelverschwendung hat der CDU-Abgeordnete Ulrich Manske nun „drastische Maßnahmen“ für den Fall angedroht, daß die Veränderungen im FNP wieder auf nichtkompatiblem Weg durchgeführt werden. „Wenn diese Zustände sich nicht ändern, verhängen wir eine Haushaltssperre.“

Manske bezeichnete die von der Firma Regioplan gelieferten Ergebnisse als „bunte Bildchen“, weil alles andere als die erstellten Karten von der Verwaltung nicht nutzbar sei. Dieser Zustand sei angesichts der „gewaltigen Summen“, die im Spiel seien, unhaltbar. Wenn keine Anpassung erfolge, so Manske, seien deshalb Personal und Technik in der Abteilung II abzubauen.

Angesichts solcher Drohungen beschäftigt sich inzwischen auch Strieders Staatssekretär Hans Stimmann mit der Mißwirtschaft. Er hat Manske bereits zugesagt, den kritisierten Mißstand zu beenden.

Kritisiert wird die Vergabepraxis an Regioplan auch vom EDV- Experten der Senatsverwaltung, Hans Schirrmeister. Es stelle sich, so Schirrmeister, die Frage, wie lange die Verwaltung es sich noch leisten könne, die in verschiedenen Gesetzen und Senatsbeschlüssen definierten Arbeiten zu ignorieren.

Demgegenüber betonte der für die Auftragsvergabe zuständige Referatsleiter Rolf Eggeling, daß es die Schwierigkeiten nur vor etlichen Jahren gegeben habe. Daß es jetzt noch ein Problem gebe, bezeichnete Eggeling schlicht als „Quatsch“. Von der beauftragten Firma Regioplan war bisher keine Stellungnahme zu bekommen. Barbara Junge

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