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Trauer um die Opfer in Phnom Penh

■ Die Täter des Granatenanschlags vom Sonntag wurden bisher nicht gefaßt. Das ist in Kambodscha die Regel

Phnom Penh (taz) – Schweigend stehen die Passanten vor den Spuren der Tragödie: Eine zerborstene Parkbank, der aufgebrochene Boden, Blumengestecke, Blutflecken und ein paar Schuhe erinnern an den Angriff vom Sonntag, als drei Handgranaten in eine Menge geschleudert wurden, die friedlich vor dem kambodschanischen Parlament demonstrierte. 15 Menschen sind seitdem gestorben, in den Krankenhäusern Phnom Penhs liegen noch 80 Verletzte.

Die Passanten schweigen nicht nur aus Trauer. Sie schweigen auch, weil sie sich nicht trauen, über den Vorfall zu reden. Auf Fragen entgegnen sie höchstens, daß hier Granaten gefallen seien. Über mögliche Hintergründe möchte man sich nicht äußern.

Die Polizei hatte bis gestern noch keinen der Täter gefaßt – und viele in Phnom Penh bezweifeln, daß sie es jemals tun wird. Bestärkt werden sie in dieser Meinung durch die Reaktion des Zweiten Premierministers Hun Sen, dem mächtigsten Mann in der kambodschanischen Koalitionsregierung. Er kontrolliert die Polizei und große Teile der Armee. Kurz nach dem Attentat hatte Hun Sen dem Organisator der – von seinem eigenen Innenminister genehmigten – Kundgebung, Sam Rainsy, die Hauptschuld für die Toten gegeben und gedroht, ihn umgehend zu verhaften. Später ließ er sich überreden, zuerst die Ergebnisse eines Ermittlungsausschusses abzuwarten. Rainsy, Chef der oppositionellen Khmer Nation Party, war wie durch ein Wunder unversehrt geblieben.

„Wir müssen uns beeilen und alle Spuren sammeln, solange es noch geht“, sagte gestern der ausländische Mitarbeiter einer Menschenrechtsorganisation in Phnom Penh. Er befürchtet, daß Zeugen eingeschüchtert oder gar umgebracht werden.

Empört wies der kambodschanische Leiter der parlamentarischen Menschenrechtskommission, Kem Sokha, gestern den Vorwurf des Zweiten Premierministers zurück, die Demonstranten seien selbst schuld an ihrem Unglück. Er forderte die „verantwortlichen Führer“ zum Rücktritt auf. Außerdem appellierte er auch an den König, sich für Gerechtigkeit einzusetzen, und verlangte eine parlamentarische Untersuchungskommission.

Bereits am Dienstag hatte der UNO-Sonderbeauftragte für Kambodscha, Thomas Hammarberg, die kambodschanische Regierung scharf kritisiert: „Ich bin tief schockiert und empört über den barbarischen Granatenangriff“, erklärte er. Angesichts zahlreicher unaufgeklärter politischer Gewalttaten zweifle er daran, daß es eine ernsthafte Untersuchung geben würde. „Die Täter oder ihre Hintermänner müssen gefunden, verhaftet, vor Gericht gestellt und nach kambodschanischem Recht verurteilt werden – ohne Ansehen ihrer Position oder ihrer Beziehungen.“ Vor den Wahlen von 1998 müßten die führenden Politiker der Gewalt abschwören und die von ihnen kontrollierten Einheiten von Polizei, Militär und Sondertruppen zu strikter Disziplin zwingen.

Zu einer buddhistischen Trauerfeier im Kloster Langka von Phnom Penh, wo gestern fünf Opfer des Anschlags eingeäschert wurden, erschienen auch einige wenige Vertreter ausländischer Botschaften – ein diplomatischer und leiser Protest gegen die gewaltsame Unterdrückung der Opposition in Kambodscha. Die südostasiatischen Asean-Staaten, die Kambodscha möglicherweise schon in diesem Jahr als Mitglied in ihren Verband aufnehmen wollen, hatten niemanden geschickt. Jutta Lietsch

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