Comedy aus der Retorte

■ „Der neue Horst“lotet sämtliche Grenzen des Humors aus

„Guten Tag liebe Hörer, ich begrüße Sie zur ersten Aufgabe – äh – Ausgabe von ,Der neue Horst'. Wie Sie selber hören werden, haben wir ausschüsslich – äh – ausschließlich brisanteste Themen abgegras.. aufgegriffen. Schund.. und provinziell.. prinzipiell versagt.“Also spricht „Der neue Horst“zu seinen HörerInnen – „Der neue Horst“, Hauptfigur eines Comedy-Magazins und Titel eines 60-minütigen Erstlingswerkes, das ab sofort im Buchhandel erhältlich ist.

Doch bei „Bremens erstem Satire- und Hörspiele Magazin“stellt sich das selbstironische Stottern der Begrüßung sofort ein Bein und fällt in die „Lücke zwischen Musik und Theater, zwischen Comedy und Literatur“, obwohl „Horst“& Co hier laut Presseinfo doch „gnadenlos zuschlagen“wollten. Doch den Sturz in dieses selbst gegrabene Loch wird wahrscheinlich kaum einer hören: Denn „Horst“gibt es nur auf Musikkassette, nicht auf Bremens Kleinkunstbühnen.

Hier liegt auch schon der Grund des Versagens: Das „Magazin“ist das Retortenprodukt eines High-Tech-Studios, in dem die Live-Atmosphäre ausschließlich von Festplatte kommt. Und so hört man bei jedem der 18 Stücke förmlich das Kratzen des Bleistifts, der über das Comedy-Reißbrett schabte. Wie Schülergenerationen Otto Waalkes kopiert haben, imitieren die „Horst“-Macher um Günter Merlau Helge Schneider und die anderen Größen des Geschäfts. Selbst Mark Scheibe, bekannt für seine furiosen Klavier-Abende im „Moments“, landet mit seinem Abklatsch der ffn-Arschkrampen hier keinen Stich.

Und so kommt bei dem ganzen Projekt einzig gähnende Langeweile auf, die auch nach dem zehnten Bier (Selbsttest) durch keinen Anflug von Witzigkeit vertrieben wird. Wenn dann noch das Sprachgefühl streckenweise völlig versagt, wird jede Obszönität einfach peinlich: „Wie alt bist du jetzt“, fragt der Moderator die Nutte. „Zwanzig“– „Du sagtest im Vorgespräch, daß du das schon seit zehn Jahren machst, also kann das ja nicht ganz sein“– „Ja, seh ich denn so alt aus oder was?“

„Der neue Horst“jedenfalls sieht schon nach der ersten Ausgabe verdammt alt aus. Er ist nicht nur „100 Prozent psychologisch abbaubar“, wie das Kasssetten-Cover verspricht, sondern in dieser Form zu hundert Prozent überflüssig. Den Preis von 19,80 Mark, für den das Ding in Bremer Buchläden angeboten wird, sollte man lieber dem „Jungen Theater“spenden. Denn dort ist Comedy zumindest bühnentauglich. Jörn Straehler-Pohl