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Keine Kreuzberg-Feier in Prenzlauer Berg

■ Linke Gruppen aus Prenzlauer Berg machen gegen die Absicht mobil, zehn Jahre „Kreuzberger 1. Mai“ in ihrem Stadtteil zu feiern. Auch dieses Jahr wird es wieder zwei Demonstrationen geben

Gegen die Absicht eines Demonstrationsbündnisses, die diesjährige Erste-Mai-Demonstration zum zweiten Mal nach 1996 durch Prenzlauer Berg zu führen, machen Initiativen und Gruppen aus dem Stadtteil mobil. „Ausgerechnet in Prenzlauer Berg wollen einige Autonome zusammen mit autoritären und stalinistischen Gruppen das zehnjährige Jubiläum des ,Kreuzberger 1. Mai‘ begehen“, heißt es in einer Erklärung, die von zahlreichen linken Oppositionsgruppen, darunter der Umweltbibliothek und den Zeitschriften Sklaven und telegraph unterzeichnet ist.

Um ihre ablehnende Haltung zu diskutieren, haben die Kritiker der Demo für heute abend deshalb zu einem Kiezpalaver eingeladen. Dabei wird gefordert, daß eine Entscheidung darüber, was am 1. Mai in Prenzlauer Berg passiert, „nur mit den politisch Aktiven, Gruppen und interessierten Bewohnerinnen und Bewohnern gefällt werden kann“.

In ihrer Kritik beziehen sich die Gruppen aus Prenzlauer Berg insbesondere auf die letztjährige Mai- Demo, die am Kollwitzplatz in einer Straßenschlacht mit der Polizei endete. Auf die sozialen Probleme des Bezirks, heißt es in der Erklärung, seien Phrasen ebensowenig eine Antwort wie militante Auseinandersetzungen, bei denen Billigautos, kleine Läden, Spielplätze und Grünanlagen zerstört würden.

Gegen die Kritik aus Prenzlauer Berg verwehren sich dagegen Vertreter des Demo-Vorbereitungsbündnisses „Rosa-Luxemburg- Platz“. Nach längeren Auseinandersetzungen innerhalb des Bündnisses habe man sich entschieden, zur gleichzeitig stattfindenden Demonstration stalinistischer und kommunistischer Gruppen am Oranienplatz auf Distanz zu gehen. „Am Rosa-Luxemburg- Platz“, versicherte eine Vertreterin, „wird keine stalinistische Gruppe teilnehmen“.

Nachdem sich bereits im vergangenen Jahr die Organisatoren des „Revolutionären 1. Mai“ an der Teilnahme stalinistischer Gruppen gespalten und zu zwei verschiedenen Demonstrationen am Rosa-Luxemburg-Platz und am Oranienplatz aufgerufen hatten, bildeten sich in diesem Jahr von vornherein zwei Demonstrationsbündnisse. Entgegen den Forderungen des eher antiautoritären Spektrums der Szene wollten sich aber auch die Organisatoren der Rosa-Luxemburg-Demo nicht ausreichend von der vorwiegend stalinistisch geprägten Vorbereitungsgruppe zur Oranienplatz- Demo distanzieren. Erst nachdem das Anti-Olympische Komitee (AOK) seinen Rückzug aus dem Demo-Bündnis erklärt hatte und andere Gruppen wie das Anti- Atom-Plenum sowie einige Antifa-Gruppen diesem Beispiel folgen wollten, ging das Rosa-Luxemburg-Plenum auf Distanz zur Alternativdemo.

Den Gruppen und Initiativen aus Prenzlauer Berg genügt dies freilich noch nicht. Sie fordern die Demo-Organisatoren auf, sich auch mit der politischen Besonderheit in Ostberlin auseinanderzusetzen: „Nach 40 Jahren staatsoffiziellem Mißbrauch haben die meisten Ostdeutschen ein gestörtes Verhältnis zu diesem Gedenktag.“ Uwe Rada

Das Kiezpalaver findet heute, 19 Uhr, in der Elias-Gemeinde, Göhrener Straße 11, statt

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