: Die Adler sind müde
■ Nach dem 5:4 gegen Kassel sieht Trainer Lance Nethery "harte Arbeit" auf den DEL-Finalisten Mannheim zukommen
Mannheim (taz) – Als die letzten warmen Sonnenstrahlen die Fans der Mannheimer Adler wärmten, träumten sie in der Kurpfalz alle schon von der Meisterschaft, die sie gegen die Düsseldorfer EG oder die Kölner Haie erringen wollten. Das war letzten September. Wer danach in einen langen Winterschlaf verfiel und erst diesen Sonntag mittag daraus erwachte, muß seinen Augen nicht getraut haben. Keines der so gefürchteten Teams vom Niederrhein, auch nicht der Angstgegner Berlin Capitals, fuhr da auf das Eis, sondern die Huskies aus Kassel stellten sich zum ersten Play-off- Finalspiel der Deutschen Eishockey Liga (DEL).
Ungeachtet der Tatsache, daß es gerade die Huskies waren, die als einzige in der Meisterrunde in Mannheim gewonnen hatten, steht für die meisten der neue Deutsche Meister bereits fest: Die Adler Mannheim sollen, ausgestattet mit dem Heimvorteil im möglichen fünften Spiel, bestückt mit so begnadeten Spielern wie Philippe Bozon, Pavel Gross und Christian Pouget und geführt von dem eishockeybesessenen Trio Marcus Kohl, Dirk Brugger und Lance Nethery, nach 1980 den zweiten Titel in den Friedrichspark holen.
Trainer Nethery ist kein Freund großer Worte. Er sprach aber nach dem 5:4 gegen die Huskies nur vom Dienstag, an dem „erneut harte Arbeit auf uns zukommen“ werde. Den Adlern war es alles andere als leicht gefallen, den hohen Erwartungen ihres verwöhnten Umfeldes zu entsprechen. „Der Gegner hat gewackelt, aber er ist nicht gefallen“, analysierte Kassels Coach Gerhard Brunner. Es war eine exakte Einschätzung; die Mannheimer Cracks hatten alle Mühe, den Außenseiter niederzuhalten.
Dabei hatte es nach dem ersten Drittel so ausgesehen, als liefe alles nach Plan. Nach dem 1:1 durch Überzahltore von Florian Keller (Adler) und Roger Öhman (Huskies) brachten Bob Nardella mit einem Schlagschuß und Rob Cimetta aus kurzer Distanz die Adler mit 3:1 in Führung. Doch im Mitteldrittel fuhren die Huskies mit ihren Gastgebern nach Belieben Schlitten. Bei den Adlern klappte nichts mehr, sie wirkten unkonzentriert und müde.
Als sich Cimetta eine Strafzeit einhandelte, traf Gregory Johnston kurz danach zum 2:3. Als dann Öhman gar der Ausgleich glückte, zogen viele Mannheimer den Vergleich mit früheren Play-off-Endspielen, in denen man immer den kürzeren gezogen hatte. Damals gegen Spitzenmannschaften wie den SB Rosenheim oder den Kölner EC. Und nun sollte selbiges gegen die Huskies geschehen, an die zu jener Zeit in der Eishockey- Bundesliga noch niemand gedacht hatte? Auch als Paul Beraldo eine Minute vor Ende des zweiten Drittels das 4:3 gelang, kam keine Ruhe ins Spiel der Adler. Noch in der gleichen Minute glich Anton Krinner wieder aus.
Doch ehe sich die Huskies wieder an das Eis gewöhnen konnten, hatten die Adler im Schlußdrittel wieder – und dieses Mal entscheidend – zugeschlagen. Christian Pouget verlängerte einen Schuß von Mike Pellegrims und veränderte die Flugrichtung des Pucks – 5:4. Zwar hatten die Huskies dann noch ihre Chancen, aber letztlich reagierte Trainer Brunner viel zu spät, als er 18 Sekunden vor Schluß eine Auszeit und anschließend den Torhüter Pavel Cagas vom Eis nahm.
Jetzt sind die Huskies heute abend unter Druck, denn nur ein Sieg garantiert ihnen im Best of Five am Sonntag ein zweites Heimspiel. Die Kasseler Freunde von Udo Jürgens würden das allerdings mit Schrecken vernehmen. Kommt es zum vierten Spiel, müßte das Konzert des Herzensbrechers im Eisstadion abgesagt werden. Günter Rohrbacher-List
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen