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Besserwessi -betr.: "Entwicklungen verschlafen", taz vom 13.6.1995

Betr.: „Entwicklungen verschlafen“, 13.6.95

Gut gebrüllt, Kritiker! Nun haben wir es endlich schwarz auf weiß: Nicht nur, daß fast die gesamte DDR-Musikszene den Prozeß der Neuentdeckung der Alten Musik einfach igoriert hat, nein, jetzt machen Vertreter dieser ignoranten Szene wie Gothard Stier auch noch unsere westdeutschen Qualitäts-chöre kaputt. Wie gut, daß es da so kompetente Kritiker wie Jörg Königsdorf gibt, die das schonungslos aufdecken. Dabei kommt ihm natürlich entgegen, daß „Repertoire-stücke“ wie die H-moll-Messe über werkimmanente Botschaften verfügen, deren Neuformulierung problemlos als falsch oder richtig zu beurteilen ist. (...) Bleibt die Frage, ob seiner schicken, wenn auch etwas wolkigen Beredsamkeit („überdimensionale Eurythmieübungen“) andererseits nicht doch ein stark gestörtes Hörvermögen gegenübersteht. Nur so wäre es beispielsweise zu erklären, daß er die präzise Artikulation des Monteverdi-Chores als weich und romantisierend empfand. Doch ich möchte zu Königsdorfs Gunsten annehmen, daß er leider daran gehindert war, der von ihm besprochenen Aufführung zu lauschen. Was bleibt, ist die beglückende Gewißheit, daß es auch in der Musik die Besserwessis gibt. Zum Stichwort Ignoranz noch eine letzte Bemerkung, Herr Königsdorf: Es war nicht die Hamburger Camerata, die spielte. Roger Lehmann

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