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Sozialhilfe soll weiter gekürzt werden

Regierungskoalition will Abstand von Sozialhilfe zu Niedrigsteinkommen auf 15 Prozent festschreiben lassen. Geprüft werden soll zunächst, ob die SPD diese Pläne überhaupt mitträgt  ■ Aus Berlin Leif Allendorf

Berlin (taz) – Bislang ist es noch ein Gebot, bald könnte es Gesetz werden: Die Sozialhilfe soll mindestens 15 Prozent unter den billigsten Löhnen liegen. Das Bonner Gesundheitsministerium erwägt überdies, neue Bezugsgrößen zur Ermittlung des Lohnabstands einzuführen. Wenn nur das unterste Viertel einkommensschwacher Gruppen zur Berechnung herangezogen würde, könnte die Sozialhilfe um 20 Prozent gekürzt werden.

In einem offenen Brief an Bundeskanzler Helmut Kohl wies Dieter Sengling – Vorsitzender des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes (DPWV) – gestern mahnend darauf hin, daß der Lohnabstand zwischen Sozialhilfe und Niedrigeinkommen auch ohne gesetzliche Änderungen gewahrt bleiben könne. Dies belege das Ministerium Horst Seehofers sogar mit seinen eigenen Angaben.

Ausnahmen seien kinderreiche Familien in städtischen Gebieten mit hohen Mieten, deren Unterstützung in Einzelfällen höher liegen könne als die untersten Einkommen in schlechtbezahlten Branchen. Repräsentativ sei vielmehr der Lohnabstand von Ehepaaren mit drei Kindern, der 14 Prozent betrage. Ein alleinlebender Mann erhalte aber bloß 56 Prozent des Niedrigsteinkommens vom Sozialamt.

Ein Modell, daß die Senkung der Regelsätze um 20 Prozent vorsah, wurde selbst von konservativer Seite als absurd abgetan. Der Eckregelsatz von 530 Mark könne „ja wohl kaum weiter gesenkt werden“, kritisierte der CDU-Sozialexperte Ulf Fink vorgestern die Sparpläne. Daher wird ein anderes Modell diskutiert, wie die Sozialhilfe mindestens 15 Prozent unter den billigsten Löhne gehalten werden könnte.

Die Regelsätze müßten eingefroren werden. In Westdeutschland werde das Lohnabstandsgebot „weitgehend eingehalten“, im Osten sei dies nach Angleichung der Löhne auf Westniveau der Fall, äußerten Unionspolitiker gestern in der Süddeutschen Zeitung.

Die Sozialhilfeexperten der SPD-Bundestagsfraktion, Klaus Kirschner und Brigitte Lange, warfen der regierenden Union gestern vor, durch Senkung des Sozialhilfeniveaus zukünftige Kürzungen der Arbeitslosenunterstützung vorzubereiten.

Mechthild Jansen, Pressesprecherin des Gesundheitsministeriums, sagte der taz, es würden Gespräche geführt, Ergebnisse aber seien nicht vor Ende kommender Woche zu erwarten. Zunächst müsse unter anderem geprüft werden, welchen Regelungen die SPD zustimme. Ohne deren Unterstützung im von ihr dominierten Bundesrat werde es in dieser bis zum Herbst 1998 dauernden Legislaturperiode keine Sozialhilfereform geben.

Am Widerstand der sozialdemokratischen Bundesländer war bereits im August vergangenen Jahres eine gesetzliche Festschreibung des 15prozentigen Lohnabstands gescheitert.

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