: Kirch sucht neue Freunde im Westen
Nach dem Scheitern des Bayernkredits will TV-Unternehmer Leo Kirch nun in NRW die Hand aufhalten. Mit Hilfe von Wirtschaftsminister Clement soll die WestLB ihm Kredit angeboten haben ■ Von Lutz Meier
Berlin (taz) – Leo Kirch und seine Finanzemissäre sind viel unterwegs in den letzten Wochen. Nachdem der bayerische Milliardenkredit geplatzt ist, suchen sie nach Geld und klopften auch in Düsseldorf an. Von dort kommt nun möglicherweise Hilfe: Die zu 43 Prozent landeseigene Westdeutsche Landesbank, berichten Spiegel und Focus, habe dem Münchner Medienunternehmer ein Kreditangebot in dreistelliger Millionenhöhe gemacht.
Für Kirch, so heißt es, habe sich NRW-Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) eingesetzt. Der stellvertretende Ministerpräsident des Landes, Michael Vesper (Grüne), sagte gestern der taz, „das bewegt sich alles im Bereich der Spekulation“. Clement sagte dem WDR, ein möglicher Kredit hänge nicht mit politischer Einflußnahme zusammen. Anders als Bayerns Förderbank wird die WestLB nicht vom Land subventioniert. Auch von der landeseigenen Bankgesellschaft Berlin, einem engen Finanzpartner Kirchs, hat der Münchner offenbar eine Kreditzusage.
Kirch hatte vor einigen Wochen mit Clement über seine Vorhaben vertraulich konferiert. Dabei bot der TV-Unternehmer auch – in bescheidenem Umfang – Investitionen in Nordrhein-Westfalen an. Doch vor allem sucht Kirch Hilfe beim Erreichen einer Einigung mit zwei Partnern, auf die er dringend angewiesen ist, soll sein einstweilen gescheitertes Digitalfernseh- Engagement doch noch Erfolg haben. Der eine Partner ist die Telekom, ohne deren Unterstützung bei der Kabeleinspeisung Kirch seine digitalen Bezahlprogramme den potentiellen Kunden nicht einmal anbieten kann. Mit Telekom- Chef Ron Sommer steht Kirch angeblich kurz vor einer Einigung.
Der andere Partner in spe ist der Gütersloher Bertelsmann-Konzern, mit dem Kirch seit langem über eine Kooperation im potentiell einträglichen Digitalmarkt verhandelt. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement und Nordrhein-Westfalens rotgrüne Regierung gelten als die wichtigsten Lobbyisten von Bertelsmann.
Im werbefinanzierten TV- Markt ist die Kirch-Familie (Sat.1, Pro7) zwar der Hauptkonkurrent für Bertelsmann (RTL, Vox). Bislang haben beide Unternehmen angestrebt, auf den Märkten weitgehend unter sich zu bleiben. Bertelsmann hat kein Interesse daran, auf dem deutschen Markt mit US- Konzernen zu konkurrieren. Das aber droht den Güterslohern bei einem Zusammenbruch Kirchs, über den im Zusammenhang mit dem Bayernkredit teilweise spekuliert wurde – wenn auch sicherlich verfrüht.
Der Londoner Fachdienst New Media Market hatte in der vergangenen Woche berichtet, Kirch- Vertreter seien auch in den Vereinigten Staaten auf der Suche nach Investoren. Die Verhandlungen mit möglichen Partnern wie DirecTV, heißt es in dem Bericht, verliefen aber schleppend.
Kirch kann auf Entlastung noch von einer anderen Seite hoffen: Das öffentlich-rechtliche ZDF verhandelt mit dem Medienunternehmer über einen umfangreichen Filmrechteeinkauf mit einem Volumen von mehreren hundert Millionen Mark. Die Anstalt hatte Kirch bereits in der Vergangenheit durch Filmeinkäufe aus der Finanzklemme geholfen. Auch die ARD plant den Ankauf eines kleineren Kirch-Pakets.
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