: Profilierte Reala als klare Siegerin
Krista Sager soll abermals als Spitzenkandidatin die GAL in Hamburg auf die Regierungsbank führen. SPD zeigt sich nicht überrascht, zweifelt aber Wirtschaftspolitik an ■ Aus Hamburg Sven-Michael Veit
Krista Sager ist Spitzenkandidatin der Hamburger Grün-Alternativen Liste (GAL) für die Bürgerschaftswahlen am 21. September. Mit der unerwartet deutlichen Mehrheit von fast zwei Dritteln der Stimmen wählte die grüne Mitgliederversammlung die 43jährige Landesvorstandssprecherin am Sonnabend mittag auf Platz Eins der Landesliste.
Mit 219 zu 123 Stimmen setzte sich die profilierte Reala überraschend klar bereits im ersten Wahlgang gegen die Kandidatin des linken Parteiflügels, die 59jährige Soziologin Anna Bruns, durch. „Da mußten wir erst mal schlucken“, kommentierte Sagers linke Co- Parteichefin Antje Radcke. Besonders getroffen zeigte sich Anna Bruns: „Es wird die Vermarktbarkeit sicher eine Rolle gespielt haben“, kommentierte sie ihre Niederlage. Nur nach langem Zögern trat sie auf Platz 2 erneut an und erhielt ein „Trostpflästerchen“: Mit 282 Stimmen wurde sie zur „zweiten Spitze“ gewählt.
Die Siegerin zeigte sich erleichtert. Nach den heftigen Flügelkämpfen der vergangenen Wochen war allgemein mit einem knappen Ausgang gerechnet worden. Auch Krista Sager gab zu, „mit einer so klaren Entscheidung nicht gerechnet“ zu haben. In ihrer Rede vor den 350 GAL-Mitgliedern hatte Sager die doppelte Bedeutung der Hamburger Wahl herausgestrichen. An der Elbe gehe es darum, eine Große Koalition zu verhindern. „Nur ein klarer Wahlsieger GAL“, der Stimmen „bis in die bürgerliche Mitte hinein optimiert“, sei in der Hansestadt ein politischer Machtfaktor, den die seit 1957 dauerregierende SPD „nicht übersehen“ könne.
Bundespolitisch gehe es bei der vorletzten Landtagswahl vor der Bundestagswahl 1998 „um einen kräftigen norddeutschen Rückenwind für den Machtwechsel in Bonn“. Krista Sager, neben Bundestags-Fraktionschef Joschka Fischer die prominenteste Vertreterin der grünen Realos, hatte im Herbst nach zweijähriger Amtszeit als Sprecherin der Bundes-Grünen auf eine erneute Kandidatur verzichtet. Ihr erklärtes Ziel: Der GAL als Spitzenkandidatin den Weg in eine rot- grüne Koalition zu ebnen. Unter ihrer Führung hatten die Grünen bei der vorigen Bürgerschaftswahl 1993 bislang bundesweit unübertroffene 13,5 Prozent erreicht.
Die Verhandlungen über eine rot-grüne Koalition ließen sie nach zweimonatiger Dauer „wegen der Unbeweglichkeit der SPD“ scheitern. Ein Jahr später bestritt Sager erfolgreich einen „grünen Test für eine Personenwahl“. Als Direktkandidatin für den Bundestag schaffte sie im bürgerlichen Wahlkreis Hamburg-Nord immerhin knapp 19 Prozent. Alle Hamburger Wahlprognosen der vergangenen Wochen sehen eine Sager- GAL bei rund 20 Prozent. Dem bisherigen Kooperationspartner der Sozialdemokraten, der Statt Partei, traut kaum noch jemand mehr als zwei Prozent Wählerstimmen zu; der Wiedereinzug der FDP in die Hamburger Bürgerschaft gilt als fragwürdig. Deshalb dürfte es nach der September- Wahl für eine Regierungsmehrheit nur zwei Möglichkeiten geben: Große Koalition oder Rot-Grün.
Die Hamburger Sozialdemokraten zeigten sich nicht überrascht von der Wahl Sagers. „Das war wohl zu erwarten“, kommentierte SPD-Landesgeschäftsführer Werner Loewe. Als eine Vorentscheidung in Richtung auf eine rot- grüne Koalition in der Hansestadt sieht er die Wahl nicht: „Die Person Sager ist die eine, das Programmatische die andere Seite.“ Im Programm der GAL habe die Partei-Linke es geschafft, „Punkte zu verankern, die für uns nicht verhandelbar sind“. Insgesamt sei zweifelhaft, ob die Grünen in Wirtschafts- und Haushaltsfragen ein guter Partner für die SPD sein könnten.
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